Knackfuß: Andreas Schlüter.
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schlößchen, der später vergrößerte und durch eine hohe Kuppel bereicherte
Mittelbau des nachmals Charlottenburg benannten Schlosses (1696—1699).
Noch war dasselbe nicht vollendet, da wurde Schlüter mit dem großen
Auftrage betraut, das Berliner Residenzschloß, das damals schon durch die
unter den Kurfürsten Joachim II. und Johann Georg ausgeführten Renais-
sancebauten ein sehr stattliches Ansehen besaß, durch einen prächtigeren und
großräumigeren Neubau zu ersetzen. Schlüter entwarf einen großartigen
Plan, der indessen nur unvollständig zur Ausführung gekommen ist. Er
lehnte sich mehr an die italienische als an die französische Bauweise an;
das wesentlichste aber war, daß er den Barockstil mit schöpferischer Kraft
seinen eigensten künstlerischen Gedanken dienstbar machte. Der Bau begann
im Jahre 1699. Von den vier Flügeln, welche den inneren Hof umgaben,
wurden der südliche und der nördliche gänzlich neu aufgeführt; der aus ver-
fchiedenzeitigen Bauteilen bestehende, an der Spree gelegene östliche Flügel
erhielt nur eine neue Fassade nach dem Hofe zu. Der Umbau des westlich
abschließenden Flügels unterblieb, da Friedrich, nachdem er sich zu Königs-
berg die Königskrone aufs Haupt gesetzt hatte, eine bedeutende Vergrößerung
des Schlosses nach Westen hin beschloß, und Schlüter demgemäß seinen Plan
ändern mußte. Nach dem neuen Entwürfe verdoppelte sich die Länge des
Nord- und des Südflügels; der ganze bisher von niedrigen Nebengebäuden
eingeschlossene Vorhof sollte in das Innere der Palastanlagen hineingezogen
werden. Damit hierbei die in sich harmonisch bemessene Wirkung des an
drei Seiten fertigen inneren Hofes nicht gestört werde, beabsichtigte Schlüter,
denselben an der vierten Seite durch einen Zwischenbau abzuschließen, der
den gesamten Hofraum- des vergrößerten Schlosses in zwei Teile, dem bis¬
herigen Irmenhof und Vorhof entsprechend, zerlegte. Da aber zunächst die
Verlängerung der Hauptflügel das wichtigste war, wurde die Ausführung
dieses Zwischenbaues, der die Gestalt einer zweigeschossigen, offenen Säulen-
halle bekommen sollte, aufgeschoben und in der Folge ganz aufgegeben; statt
dessen blieb der alte Querflügel aus dem 16. Jahrhundert bestehen. In
den verlängerten Nordflügel sollte nach dem neuen Entwürfe ein alter Turm
an der Nordwestecke des Vorhofs, der sogenannte Münzturm, ausgenommen
werden. Dieser aber hielt die ihm zugedachte Erhöhung nicht aus. und die
von Schlüter angewendeten Mittel, um den Turm zu festigen, erwiesen sich
als verfehlt. Der Turm mußte bis auf die Grundmauern abgetragen
werden, und infolge dieses Mißgeschicks wurde dem unglücklichen Schlüter
im Jahre 1706 die Leitung des Schloßbaues entzogen. Sein Nebenbuhler
Eosander von Goethe führte das Werk weiter und schloß den zwischen den
Verlängerungsbauten liegenden äußeren Hof durch den Westflügel mit dem
Hauptportal, über dem sich jetzt als stattliche Bekrönung die Kuppel der
erst im 19. Jahrhundert erbauten neuen Schloßkapelle erhebt.