Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte vom Ausgange des Dreißigjährigen Krieges bis 1815 (Bd. 2)

Knackfuß: Andreas Schlüter. 
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schlößchen, der später vergrößerte und durch eine hohe Kuppel bereicherte 
Mittelbau des nachmals Charlottenburg benannten Schlosses (1696—1699). 
Noch war dasselbe nicht vollendet, da wurde Schlüter mit dem großen 
Auftrage betraut, das Berliner Residenzschloß, das damals schon durch die 
unter den Kurfürsten Joachim II. und Johann Georg ausgeführten Renais- 
sancebauten ein sehr stattliches Ansehen besaß, durch einen prächtigeren und 
großräumigeren Neubau zu ersetzen. Schlüter entwarf einen großartigen 
Plan, der indessen nur unvollständig zur Ausführung gekommen ist. Er 
lehnte sich mehr an die italienische als an die französische Bauweise an; 
das wesentlichste aber war, daß er den Barockstil mit schöpferischer Kraft 
seinen eigensten künstlerischen Gedanken dienstbar machte. Der Bau begann 
im Jahre 1699. Von den vier Flügeln, welche den inneren Hof umgaben, 
wurden der südliche und der nördliche gänzlich neu aufgeführt; der aus ver- 
fchiedenzeitigen Bauteilen bestehende, an der Spree gelegene östliche Flügel 
erhielt nur eine neue Fassade nach dem Hofe zu. Der Umbau des westlich 
abschließenden Flügels unterblieb, da Friedrich, nachdem er sich zu Königs- 
berg die Königskrone aufs Haupt gesetzt hatte, eine bedeutende Vergrößerung 
des Schlosses nach Westen hin beschloß, und Schlüter demgemäß seinen Plan 
ändern mußte. Nach dem neuen Entwürfe verdoppelte sich die Länge des 
Nord- und des Südflügels; der ganze bisher von niedrigen Nebengebäuden 
eingeschlossene Vorhof sollte in das Innere der Palastanlagen hineingezogen 
werden. Damit hierbei die in sich harmonisch bemessene Wirkung des an 
drei Seiten fertigen inneren Hofes nicht gestört werde, beabsichtigte Schlüter, 
denselben an der vierten Seite durch einen Zwischenbau abzuschließen, der 
den gesamten Hofraum- des vergrößerten Schlosses in zwei Teile, dem bis¬ 
herigen Irmenhof und Vorhof entsprechend, zerlegte. Da aber zunächst die 
Verlängerung der Hauptflügel das wichtigste war, wurde die Ausführung 
dieses Zwischenbaues, der die Gestalt einer zweigeschossigen, offenen Säulen- 
halle bekommen sollte, aufgeschoben und in der Folge ganz aufgegeben; statt 
dessen blieb der alte Querflügel aus dem 16. Jahrhundert bestehen. In 
den verlängerten Nordflügel sollte nach dem neuen Entwürfe ein alter Turm 
an der Nordwestecke des Vorhofs, der sogenannte Münzturm, ausgenommen 
werden. Dieser aber hielt die ihm zugedachte Erhöhung nicht aus. und die 
von Schlüter angewendeten Mittel, um den Turm zu festigen, erwiesen sich 
als verfehlt. Der Turm mußte bis auf die Grundmauern abgetragen 
werden, und infolge dieses Mißgeschicks wurde dem unglücklichen Schlüter 
im Jahre 1706 die Leitung des Schloßbaues entzogen. Sein Nebenbuhler 
Eosander von Goethe führte das Werk weiter und schloß den zwischen den 
Verlängerungsbauten liegenden äußeren Hof durch den Westflügel mit dem 
Hauptportal, über dem sich jetzt als stattliche Bekrönung die Kuppel der 
erst im 19. Jahrhundert erbauten neuen Schloßkapelle erhebt.
	        
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