12 Widukind: Otto der Große und Markgraf Gero im Kampfe mit den Wenden.
gesetzt hatte, mit List zu töten. Er aber kam der List mit List zuvor und
räumte ungefähr an dreißig Fürsten der Barbaren, die nach einem schwel-
gerischen Gastmahle vom Weine trunken waren, in einer Nacht aus dem
Wege. Da er aber gegen alle Völkerschaften der Barbaren allein nicht aus-
reichte — es hatten sich nämlich um diese Zeit auch die Obotriten empört,
vernichteten unser Heer und erschlugen den Anführer desselben, namens
Haica —, so führte der König selbst mehreremal ein Heer gegen sie, fügte
ihnen vielen Schaden zu und brachte sie fast in das äußerste Verderben.
Nichtsdestoweniger zogen jene den Krieg dem Frieden vor, indem sie alles
Elend der teuren Freiheit gegenüber gering achteten. Es ist nämlich dieser
Menschenstamm abgehärtet und scheut keine Anstrengung; gewöhnt an die
dürftigste Nahrung, halten die Slawen für Genuß, was den Unfrigen als
eine große Beschwerde erscheint. Wahrlich, viele Tage gingen darüber hin,
während von beiden Seiten mit abwechselndem Glücke gekämpft wurde, da
die einen für den Kriegsruhm und die Ausbreitung ihrer Herrschaft stritten,
für jene aber die Freiheit oder die äußerste Knechtschaft auf dem Spiele
stand. Vieler Feinde Angriffe hatten nämlich in jenen Tagen die Sachsen
zu bestehen, die der Slawen im Osten, der Franken im Süden, der Lothringer
im Westen, im Norden die der Dänen und gleichfalls Slawen, und deshalb
zog sich auch der Kampf mit den Barbaren in die Länge.
Es war aber von König Heinrichs Zeiten her ein Slawe, namens
Tugnmir. in Haft, welchem nach dem Gesetze seines Volkes als Nachfolger
seines Vaters die Herrschaft über den Stamm der Heveller zukam. Dieser
ließ sich durch eine große Geldsumme gewinnen, und durch noch größere
Verheißungen überredet, versprach er. sein Gebiet zu verraten. Deshalb
stellte er sich, als sei er heimlich entflohen, kam so in die Burg, welche
Brennaburg (Brandenburg) heißt, und ward von dem Volke anerkannt und
als Gebieter angenommen, woraus er in kurzem sein Versprechen erfüllte.
Er lud nämlich seinen Neffen, der von allen Fürsten des Volkes allein noch
übrig war, zu sich ein, und nachdem er ihn durch List gefangen, tötete er
ihn und unterwarf die Burg samt dem ganzen Gebiete der Botmäßigkeit
des Königs. Infolgedessen unterwarfen sich alle barbarischen Völkerschaften
bis an den Oderfluß auf ähnliche Weife der Hoheit des Königs und zahlten
ihm Zins.
Gero war durch viele gute Eigenschaften ausgezeichnet, des Krieges
kundig, von gutem Rate in bürgerlichen Angelegenheiten, nicht ohne Bered-
samkeit, von vielem Wissen und solchen Schlages, daß er seine Klugheit
lieber durch Taten als durch Worte bewies; im Erwerben zeigte er Tat-
kraft, im Mitteilen Freigebigkeit, und was das vorzüglichste war, löblichen
Eifer für den Dienst Gottes.