Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte vom Ausgange des Dreißigjährigen Krieges bis 1815 (Bd. 2)

12 Widukind: Otto der Große und Markgraf Gero im Kampfe mit den Wenden. 
gesetzt hatte, mit List zu töten. Er aber kam der List mit List zuvor und 
räumte ungefähr an dreißig Fürsten der Barbaren, die nach einem schwel- 
gerischen Gastmahle vom Weine trunken waren, in einer Nacht aus dem 
Wege. Da er aber gegen alle Völkerschaften der Barbaren allein nicht aus- 
reichte — es hatten sich nämlich um diese Zeit auch die Obotriten empört, 
vernichteten unser Heer und erschlugen den Anführer desselben, namens 
Haica —, so führte der König selbst mehreremal ein Heer gegen sie, fügte 
ihnen vielen Schaden zu und brachte sie fast in das äußerste Verderben. 
Nichtsdestoweniger zogen jene den Krieg dem Frieden vor, indem sie alles 
Elend der teuren Freiheit gegenüber gering achteten. Es ist nämlich dieser 
Menschenstamm abgehärtet und scheut keine Anstrengung; gewöhnt an die 
dürftigste Nahrung, halten die Slawen für Genuß, was den Unfrigen als 
eine große Beschwerde erscheint. Wahrlich, viele Tage gingen darüber hin, 
während von beiden Seiten mit abwechselndem Glücke gekämpft wurde, da 
die einen für den Kriegsruhm und die Ausbreitung ihrer Herrschaft stritten, 
für jene aber die Freiheit oder die äußerste Knechtschaft auf dem Spiele 
stand. Vieler Feinde Angriffe hatten nämlich in jenen Tagen die Sachsen 
zu bestehen, die der Slawen im Osten, der Franken im Süden, der Lothringer 
im Westen, im Norden die der Dänen und gleichfalls Slawen, und deshalb 
zog sich auch der Kampf mit den Barbaren in die Länge. 
Es war aber von König Heinrichs Zeiten her ein Slawe, namens 
Tugnmir. in Haft, welchem nach dem Gesetze seines Volkes als Nachfolger 
seines Vaters die Herrschaft über den Stamm der Heveller zukam. Dieser 
ließ sich durch eine große Geldsumme gewinnen, und durch noch größere 
Verheißungen überredet, versprach er. sein Gebiet zu verraten. Deshalb 
stellte er sich, als sei er heimlich entflohen, kam so in die Burg, welche 
Brennaburg (Brandenburg) heißt, und ward von dem Volke anerkannt und 
als Gebieter angenommen, woraus er in kurzem sein Versprechen erfüllte. 
Er lud nämlich seinen Neffen, der von allen Fürsten des Volkes allein noch 
übrig war, zu sich ein, und nachdem er ihn durch List gefangen, tötete er 
ihn und unterwarf die Burg samt dem ganzen Gebiete der Botmäßigkeit 
des Königs. Infolgedessen unterwarfen sich alle barbarischen Völkerschaften 
bis an den Oderfluß auf ähnliche Weife der Hoheit des Königs und zahlten 
ihm Zins. 
Gero war durch viele gute Eigenschaften ausgezeichnet, des Krieges 
kundig, von gutem Rate in bürgerlichen Angelegenheiten, nicht ohne Bered- 
samkeit, von vielem Wissen und solchen Schlages, daß er seine Klugheit 
lieber durch Taten als durch Worte bewies; im Erwerben zeigte er Tat- 
kraft, im Mitteilen Freigebigkeit, und was das vorzüglichste war, löblichen 
Eifer für den Dienst Gottes.
	        
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