Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte vom Ausgange des Dreißigjährigen Krieges bis 1815 (Bd. 2)

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Schwebe!: Die Gründung der Stadt Berlin. 
nur gestatteten, in Kölln eine deutsche Stadt anzulegen. Wahrscheinlich stand 
der Marktflecken Berlin — ein Fischerdorf ist Berlin niemals gewesen, 
wie wir sogleich beweisen werden — damals noch unter einer slawischen 
Gutsherrschaft, welche erst durch längere Verhandlungen dazu bewogen werden 
konnte, den Markgrafen ihre Rechte abzutreten, so daß nun auch hier die 
Gründung einer deutschen Stadt erfolgen konnte, und zwar sofort auf 
breiterer Grundlage und in großartigerem Maßstabe. 
Der Vorgang einer Stadtbegründung selbst war indessen in der Mark 
fast überall derselbe und vollzog sich in Formen, welche denen der Errichtung 
eines deutschen Dorfes überaus ähnlich waren. Gewöhnlich war die Stätte 
der späteren Stadt bereits besiedelt; fast immer war auf ihr ein slawisches 
Dorf und ein christliches Gotteshaus, vielleicht auch eine Burg bereits vor- 
Händen. Es wurde nun zunächst durch die Zusammenlegung ländlicher Grund- 
stücke, durch Waldrodungen und durch Urbarmachung von Sümpfen und 
Luchen eine ausgedehntere Feldmark geschaffen. Auf dem günstigsten Platze 
derselben, gewöhnlich auf einer Höhe, auf welcher der Boden fest und trocken 
war, entweder auf der alten Hof- oder Dorfstelle, allwo ein Brunnen und 
eine Kirche bereits angelegt worden waren, oder aus einem „besser gelegenen" 
Platze, nicht allzufern von der alten Ansiedlung, wurde dann mit Planken 
ein Fleck Landes eingezäunt. Derselbe wurde in verschiedene Grundstücke 
eingeteilt, zu welchen je ein gewisser Teil der Feldmark gelegt wurde. 
Es galt nunmehr, für diese Grundstücke Käufer zu finden. Mit diesem 
Geschäfte befaßten sich die Grundherren, die Markgrafen oder die Edlen, 
welche Städte gründen wollten, jedoch nicht selbst; sie überließen dasselbe 
einem „Unternehmer", welchem sie zugleich die innere Einrichtung der Stadt, 
die Überwachung des Ausbaues der Grundstücke, sowie die schiedsrichterliche 
und die niedere richterliche Gewalt über die Ansiedler übertrugen. So kam 
es, daß der Unternehmer, der „locator", zu gleicher Zeit gewöhnlich auch 
der Richter, der „Schulze", der „praefectus" und „scultetus", der jungen 
Stadt wurde. Nur rechtskundige Männer konnten demnach das Lokatoren- 
Amt übernehmen. Zu gleicher Zeit mußten sie sehr reich, und zwar reich 
an barem Gelde sein; denn die Grundherren, die Markgrafen oder die 
Edlen, ließen sich den Boden, welchen sie hergaben, oft teuer genug bezahlen. 
Jedwedes Privilegium mußte von ihnen gleichfalls mit vollwichtigem Silber 
erworben werden. 
Natürlich lag jedoch das Gedeihen der Ansiedlung den Landesherren 
immer überaus am Herzen. Der Plan der Gründung einer Stadt wurde 
daher aufs sorgfältigste erwogen; an Begünstigungen der Ansiedler selbst haben 
es die gütigen und hochsinnigen Ballenstädter nimmer fehlen lassen. Auf 
jede nur immer erdenkliche Weise wurde der Anbau den Neuhinzugezogenen 
erleichtert; die Preise der Grundstücke waren äußerst billig; das Baumaterial
	        
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