Assyrer und Babylonier. — Geschichte. 31
Seitdem der deutsche Gelehrte Grote send (1802) den Weg zur Entzifferung
der persischen Keilschrist gewiesen hat, ist nach langer, mühevoller Arbeit nicht nur
diese, sondern auch die assyrisch-babylonische Keilschrift (seit 1849) vollständig enträtselt.
Das babylonische Gewerbe war durch die Buntwirkerei in Wolle
und Seide (Jos. 7, 21) und durch die Kunst des Gravierens in harten
Steinen berühmt. Wie verzweigt der babylonische Handel gewesen ist,
sieht man daran, daß babylonische Maße und Gewichte in ganz Vorder-
asien herrschend waren. Durch Nebukadnezar wurden die Babylonier
Seefahrer; seit dieser Zeit erhielten sie die Seidengewebe Indiens, sowie
die Gewürze und Weihrauche Südarabiens ohne den Zwischenhandel der
Araber.
§ 15. Geschichte.
Schon in grauer Vorzeit hatte der (wahrscheinlich türkische) Volks-
stamm der Sumerier am unteren Euphrat mehrere kleinere Reiche ge-
bildet. Da drangen (seit etwa 4000) semitische Stämme ein, die mit den
Sumeriern verschmolzen, deren fortgeschrittene Bildung sich aneigneten
und die kleineren Reiche zu einem Gesamtreiche mit der Hauptstadt
Babylon vereinigten. Babylonische Kolonisten gründeten (um 3000) am
oberen Tigris Ninive; später entstand dort Assur, um welches sich der
anfänglich von Babylon abhängige Staat Assyrien bildete (1. Mos. 10, 11).
Das Volk der Assyrer erstarkte nach und nach; der dortige baby-
tonische Statthalter machte sich zum selbständigen Könige, unterwarf (um
1300) das Mutterland und setzte in Babel einen Vasallenkönig ein. Seine
Blütezeit erlebte Assyrien von 900—650 v. Chr. Fast ganz Vorderasien
ward unterworfen. Salmanasser IV. starb während der Belagernng
Samarias; sein Nachfolger Sargon eroberte die Stadt und führte die
Israeliten in die assyrische Gefangenschaft. Sein Sohn San-
herib suchte das Reich Juda und Ägypten zu erobern, wurde aber durch
eine in seinem Heere ausgebrochene Seuche zur Rückkehr nach Assyrien
gezwungen (2. Kön. 18 u. 19). Sein Sohn Asarhaddon führte die Ab-
ficht des Vaters aus: unter ihm erreichte Assyrien (um 670) seinen größten
Umfang. Doch nach seinem Tode verfiel das gewaltige Reich sehr bald.
Zuerst ging Ägypten wieder verloren (S. 22). Dann suchte das noma-
disierende Volk der Scyth en ganz Vorderasien mit Raub und Verwüstung
heim; auch das assyrische Reich wurde dadurch so geschwächt, daß mehrere
Provinzen sich ablösten. Schon 606 verlor Assyrien seine Selbständigkeit.
In der durch die Scythen hervorgerufenen Verwirrung hatten sich
auch Babylonien und das weiter östlich gelegene Medien von der Herr-
schast der Assyrer freigemacht; ja, König Nabopolassar von Babylon
und Kyaxares von Medien verbündeten sich sogar zu einem Angriffskriege
gegen Assyrien. Ninive und die anderen Hauptstädte gingen (um 606) in