56 Die Zeit Friedrichs des Großen.
(1788—1808) ließ eine derartige Mißwirtschaft einreißen, daß Spanien
vorübergehend den Franzosen zur Beute fiel.
3. Portugal unter dem Hause Braganza hatte in dem Minister
P o m b a l längere Zeit (1750—1777) einen Vertreter des aufgeklärten
Absolutismus an der Spitze der Regierung. Er strebte die Industrie im
S @inne des Merkantilismus zu heben, baute das durch ein Erdbeben
zerstörte Lissabon prächtiger als zuvor wieder aus und trieb die I e -
1759 suiten rücksichtslos aus dem Landes. Weitere Reformen waren, ähn¬
lich denen Kaiser Josephs II., zwar gutgemeint, aber größtenteils über¬
stürzt. Nach der Entlassung Pombals wurden die alten Zustände fast voll¬
ständig wiederhergestellt.
c) Die Weststaaten.
1. England und seine Kolonien. England erfreute sich unter den
seit 1714 drei ersten Herrschern aus dem Haus Hannover, nämlich Georg I. (1714
bis 1727), Georg II. (-1760) und Georg III. (-1820), eines gewaltigen
Aufschwungs. Durch den Spanischen und den Österreichischen Erbfolge¬
krieg sowie den Siebenjährigen Krieg gewann es vielversprechende Ge¬
biete, namentlich in Nordamerika: durch erfolgreiche Kämpfe
in Ostindien (1757—1784) und wichtige Entdeckungen in der Südsee
wurde dann der überseeische Machtbereich Englands noch wesentlich
vergrößert.
Dieser umfassende Kolonialbesitz ermöglichte es den Engländern, das Merkan¬
tilsystem durch das Kolonialshstem zu erweitern und zu ergänzen: die Kolonien
mußten dem Mutterlande billige Nahrungsmittel und Rohstoffe liefern und dafür
die Jndustrieerzeugnisse desselben teuer ankaufen. Das Aufkommen einer selbstän¬
digen Industrie in den Kolonien trachtete man zu verhindern. „Nicht der Nagel zu
einem Hufeisen" sollte in den überseeischen Ländern selbständig hergestellt werden.
Begreiflicherweise suchten sich deshalb aufstrebende Kolonien, wenn sie mächtig ge¬
nug waren, der finanziellen Ausnutzung durch das Mutterland zu entziehen. Da¬
zu kam, daß England den Kolonien gegenüber am Absolutismus festhielt
und sie von jeder Vertretung im englischen Parlament ausschloß. Bei den wichtig¬
sten nordamerikanischen Besitzungen führten diese Verhältnisse schließlich zu einer
staatlichen Trennung vom Mutterlande.
Der Nordamerikanische Freiheitskrieg (1775—1783). Der Rückgang des
Ackerbaues in England (eine Folge des überhandnehmenden Merkantilismus) so¬
wie die politischen und religiösen Kämpfe hatten feit dem 16. Jahrh, zahlreiche
Engländer zur Auswanderung veranlaßt. Besonders an der OMste Nordamerikas
waren blühende englische Niederlassungen entstanden, die sich nach Westen hin aus¬
breiteten und zu Provinzen oder Staaten zusammenschlossen. Diese verwalteten
sich unter königlichen Statthaltern ziemlich selbständig, waren aber in wirtschaftlichen
und vor allem in Handelsangelegenheiten vom Mutterland abhängig.
Nun hatte England gerade für bie nordamerikanischen Kolonien schwere Kriege
geführt und große Geldopfer gebracht. Deshalb wollte es die Kolonisten zur Til-
*) Das Beispiel Portugals wurde von den bourbonischen Höfen nachgeahmt.