Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 9)

184 Dritter Zeitraum von 1789—1849. 
den eben noch die lockendsten Anerbietungen Napoleons nicht hatten von 
seiner Bundestreue abbringen können, in schmählichster Weise, im Stich, 
indem er nicht nur den Waffengang aufgab, sondern sich sogar völlig dem 
Sieger in die Arme warf. Die ^Verhandlungen der beiden Kaiser — 
Friedrich Wilhelm III. hatte nur sein Urtei7 entgegenzunehmen^) — endete 
Frieden zu Tilsit mit dem Frieden ni Tilsit, der ein neues politisches System für Eu- 
7. vil 1807. r0pn ,u schassen schien, in dein Frankreich und Rußland die herrschenden 
Mächte sein sollten. In MrWchkeit .moM Navoleon M nur die. Unter- 
stütznng Richlands., das mit Waffengewalt zu unterwerfen ihm damals zu 
schwierig erschien, im^Kmlmie aeaen England sickern, während Aleranderl, 
sich durch die Aussicht auf die Erwerbung Finnlands und der DonQU- 
[iu;JimiiUH^~zu dem unnatürlichen Bündnisse verleiten ließ, das ihn 
Die Teilung zum Anschluß an die Kontinentalsperre zwang. war auf 
Preußens. diese Weise dem Sieger auf Gnade und Ungnade ausgeliefert: es vMo.r 
alle liMselbiscken Landesteile und die ehemals polnischen Provinzen 
seines Besitzes, mußte eine ungeheuer arosie Kriegsschuld (etwa 120 MUlionen 
Taler) auf sich nehmen, bis zu deren Tilgung die Festungen der Lder- 
linie (Glogau, Küstrin, Stettin) in französischen Händen bleiben sollten, 
und durfte im Laufe der nächsten 10 Jahre sein Heer nicht über 
42 000 Mann vergrößern. Damit war P r e u ß e n von der sriderizianischen 
Großmacht zum Mittelstaate herabgedrückt worden. Aus den Provinzen 
Königreich westlich von der Elbe schuf Napoleon unter Hinzufügung von Kurhessen, 
9SeftfaIcn' Bauensckuveig und Steilen von Hannover das Königreich Westfalen? 
das er feinemBruder Ierüme mit dem "Bitze m Kassel überwies, und 
Großherzogtum aus den abgetretenen polnischen Gebieten PreußeM^)^i?M^oMLrZogtum 
Warschau. Warschau, das entgegen den Hoffnungen der getäuschten polnischen Patrioten 
dem als Lohn für seinen Abfall vom preußischen Bündnisse zum Köniareick 
erhobenen angegliedert wurde; die beiden neuen Königreiche 
mußten dem Rheinbunde beitreten. Der Frieden von Tilsit und die 
aus ihm hervorgehenden Veränderungen bezeichnen den Höhepunkt der 
napoleo.n.iichen Macht und die tiefste Erniedrigung Preußens 
§ 34. Preußens Wiedergeburt. 
Die Gründe des 1. Die sittliche Erhebung. Während in Frankreich sich die Wirkungen 
Niedergangs, des „Zeitalters der Aufklärung" in einer gewaltigen sozialen und politischen 
Umwälzung äusietiei," geschah dies in Deutschland vorwiegend "auf äflheti-^ 
1) Die seelische Marter des bis an die äußerste Grenze Preußens geflüchteten 
Königspaares erreichte in diesen Tagen ihren Höhepunkt. Doch ist der viel beklagte 
Bittgang der Königin Luise zu Napoleon, so demütigend er für die hohe Frau 
auch war, in den Formen der höfischen Sitte verlaufen. 
2) Nicht ungern billigte Napoleon dem Zaren ein Stück aus dem Raube (Kreis 
Bialystock) zu, um ihn mit Preußen zu verfeinden.
	        
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