Rudolf von Habsburg, 1273-91. 35
die Uebergriffe des räuberischen Adels suchten sich die Städte durch Bündnisse
einigermaßen zu schützen. Müde der vielen Fehden, welche Deutschland zerrissen,
traten endlich die Fürsten wieder zusammen, um einen neuen Kaiser zu wählen.
Die Wahl traf den Grafen
2. Rudolf von Habsburfl. An der Aar in der Schweiz erheben sich die
Ruinen der Habichtsburg oder 'Habsburg. Rudolf von Habsburg war reich,
mächtig, angesehen, fromm und bieder. „Der Gras von Habsburg" von Schiller.
Derselbe Priester wurde nachher Kaplan des Erzbischofs Werner von Mainz
diesen begleitete Rudolf einst sicher über die Alpen. Nach dem Tode Richards
von Cornwallis empfahl Werner
den deutschen Fürsten in Frankfurt
den biedern Rudolf als Kaiser. Die
Krönung fand zu Aachen statt. Nach
Italien ging er nicht; er verglich es
mit einer Löwengrube, in die wohl
viele Wege hinein gehen, aber keine
wieder heraus. Seine Thätigkeit
verwandte er vielmehr auf das ge¬
sunkene Deutschland.
3. Seine Kämpfe. Ottokar,
König von Böhmen und Mähren,
weigerte sich, Rudolf als König an¬
zuerkennen; im Interregnum hatte
er sich Oesterreich, Steiermark,
Kärnthen und Krain erworben, war
der mächtigste Reichsfürst und hatte
selbst nach der deutschen Krone ge¬
strebt. Rudolf forderte die Länder
zurück als erledigte Reichslehn. Nach¬
dem der stolze Böhmenkönig drei¬
mal vorgeladen worden, aber nicht
erschienen war, wurde er vom Kaiser
in die Reichsacht erklärt. Nun ent¬
stand ein Krieg gegen ihn, der mit
der Niederlage und dem Tode Otto¬
kars aus dem Marchfelde endete.
Oesterreich, Steiermark und Krain
flab Rudolf seinen eigenen Söhnen.
Ottokars Sohn erhielt Böhmen und
Mähren. — Die Widerspenstigen im
Reiche brachte Rudolf alle zum Ge¬
horsam. Zur Herstellung der Ord¬
nung und Sicherheit durchzog er
■all’ seine Lande und hielt öffent¬
liches Gericht; zu Erfurt ließ er
29 gefangene Raubritter hinrichten Rudolf von Habsburg.
und in ganz Thüringen allein 66 Raub -
schlöfser zerstören. — „Keinen halte ich für adelig," sagte er, „der von Raub und
unehrlicher Hantierung lebt." Die Fürsten verweigerten ihm die Bitte, seinen
Sohn Albrecht zum Nachfolger zu bestimmen. Mißvergnügt verließ er deshalb
Frankfurt, um nach Straßburg zu gehen. Unterwegs erkrankte er und rief:
„Wohlan nach Speier!" Bald'darauf starb er; zu Speier liegt er begraben.
4 Sein Charakter. Seine Leutseligkeit und Biederkeit sind sprichwörtlich
geworden. Jedermann konnte vor ihn hintreten und seine Klagen anbringen.
Als einst die Wache einen gemeinen Mann zurückhielt, der den Kaiser sprechen
wollte, rief Rudolf: „Ei, laß ihn doch herein 1 Bin ich denn zum Kaiser ge*
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