Full text: Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte

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Anzünden. Auf einem Seitentische stand ein kräftiger Imbiß und an 
jedem Platze ein tüchtiger Bierkrug. Es wurde zwanglos gegessen, ge- 
trunken, geraucht, gescherzt und geneckt. Auch den König schonte man dabei 
nicht. Besonders lebhaft, laut und derb war der Fürst Leopold von 
Dessau. Neben tollen Schnurren wurden auch die ernstesten Dinge be- 
handelt. Guudliug, der Hofgelehrte und Hofnarr, mußte hier aus 
fremden Zeitungen die Artikel vorlesen, in denen der König angegriffen 
war. Viele wichtige Entschließungen hatten im Tabakskollegium ihren 
Ursprung. Der König liebte eine unbeschränkte Offenheit, wie er selber 
nie hinter dem Berge hielt. Im Tabakskollegium ließ er sich vieles sagen, 
was er draußen sehr übel genommen haben würde. 
2. Der unermüdliche Regent. Friedrich Wilhelm wurde bei seiner 
Regententätigkeit von einem starken Pflichtgefühl und einer wahrhaft 
landesväterlichen Sorge für das Wohl aller seiner Untertanen geleitet. 
Er sagte: „Zur Arbeit sind die Regenten erkoren, nicht aber, um ihre Tage 
im Genuß zuzubringen. Will ein Fürst mit Ehren seine Regierung führen, 
so muß er alle seine Geschäfte selbst vollziehen." Der österreichische Ge- 
sandte schrieb an seinen Kaiser: „Alles ist hier voll Erstaunen. Der junge 
König leitet alles allein. Er arbeitet dabei in öffentlichen, privaten, 
Hanshaltnngs- und Domänensachen mit solchem Ernste, daß auch kein Taler 
ausgegeben wird, so von ihm nicht unterzeichnet ist. Wer es nicht sieht, 
kann es nicht glauben, daß ein Mensch in der Welt, von was Verstand er 
auch ist, so viel verschiedene Sachen an einem Tage tun könnte, wie dieser 
König täglich tut. Dazu verwendet er die Zeit von morgens 4 bis vor¬ 
mittags 10 Uhr. Dann bringt er den Rest des Tages mit Militärübungen 
hin." Nach 10 Uhr machte er sich zum Ausgehen zurecht, schnallte den 
Degen hoch um die Lenden, setzte den dreieckigen Hut auf die weiße Perücke, 
nahm ein dickes Bambusrohr in die Hand und ging gelassenen Schrittes 
dahin. Dabei spähete er mit den scharfen Augen überall umher und fand 
sicherlich alles, was nicht in Ordnung war. Wehe den Stutzern, die 
fremdländischen Putz trugen, und den Müßiggängern, die umher lungerten! 
Es setzte scharfe Verweise, ja nicht selten Stockhiebe. Sein Regiment war ein 
rein persönliches, mitunter recht gewaltsames, das aber besonders den 
Schwachen und Ärmeren zugute kam. Als die ostpreußischen Stände, be- 
sonders der Adel, gegen die von ihm auferlegte Grundsteuer Widerspruch 
erhoben, drohte er, „den Junkers ihre Autorität zu ruinieren". Die 
Königsgewalt wollte er wie „einen Fels von Erz" aufrichten. Sein Wahl- 
fprnch war: „Er (der preußische Adler) weicht der Sonne nicht." 
Sein ganzes Trachten ging darauf aus, ein geregeltes, ordentliches 
Staatswesen herzustellen, die Einnahmen zu erhöhen, einen vollen 
Staatsschatz und ein achtunggebietendes Heer zu schaffen. Der beste 
Weg dazu war weise Sparsamkeit. Die Leichenfeier feines Vaters hielt 
er mit der gewohnten Pracht; dann aber nahm er die Liste der 
Hofbeamten und strich die meisten aus, die übrigen setzte er auf 
schmalere Kost. 
Er gründete das Generaldirektorium als oberste Staatsbehörde 
für die ganze Verwaltung. Dieses hatte sich um die Domänen (Staats-
	        
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