Full text: Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte

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unsere Küsten und die große Handelsflotte schützt, dem Ansehen Deutsch- 
lands entspricht und ihm Achtung auf dem Meere verschafft. „Deutsch- 
lauds Zukunft liegt auf dem Wasser. Eine starke Flotte ist uns bitter 
not!" hat er gesagt. Fest, lebhaft und sachkundig hat er die Flotten- 
Vorlage durchgesetzt, durch welche die deutsche Kriegsflotte wesentlich ver¬ 
stärkt wird. Nach dem Flottengesetz werden in bestimmter Folge 
deutsche Kriegsschiffe auf den großen Seewerften in Kiel, Stettin, Danzig, 
Elbing und Hamburg hergestellt. Mit den neuesten Bauten zählt die 
Marine gegenwärtig 196 Kriegsschiffe (Linienschiffe. Küstenpanzer, große 
und kleine Kreuzer, Kanonenboote, Torpedoboote, Unterseeboote) und 
50 Schul- und andere Dienstschiffe. Die Besatzung beträgt über 57 000 
Mann, die Zahl der Handelsschiffe 4638. — Durch die Befestigung von 
Helgoland und einigen friesischen Inseln hat der Kaiser ein Bollwerk mehr 
zum Schutze der deutschen Nordseeküste gegen fremde Kriegsschiffe geschaffen. 
e) Die Wohlfahrtsbestrebungen seines Großvaters setzte Kaiser 
Wilhelm II. in dessen Sinne fort und beweist sich auch hierin als „Freund 
des armen Mannes". Zu den unter Wilhelm I. erlassenen Gesetzen 
trat 1891 das schon von diesem geplante Invaliden- und Alters- 
Versicherungsgesetz. Nach der erheblichen Verbesserung 1899 wird 
durch dasselbe dienstunfähigen Arbeitern eine Invalidenrente (zwischen 
117,80—462 Mark) und den über 70 Jahre alten Arbeitern eine 
Altersrente (zwischen 100—230 Mark) gewährt. Zu jeder Rente muß 
der Staat 50 Mark zuschießen. Zwar kostet die Durchführung des 
Gesetzes dem Staate viele Millionen, aber sein Segen kommt auch vielen 
Millionen Armen und Schwachen zugute. Die Arbeitergesetzgebung 
wurde weiter ausgebaut durch das Arbeiterschutzgesetz vom Jahre 1891. 
Es fordert allgemeine Sonntagsruhe und regelt die Verpflichtungen der 
Arbeitgeber und -nehmer. Für die Verbesserung der Wohnungsverhält- 
nisse der in staatlichen Betrieben beschäftigten Arbeiter wurden große 
Summen bewilligt. 
f) Zur Entlastung der wirtschaftlich Schwachen wurde ferner in 
Preußen das Steuerwefen durch den Finanzminister Miquel umge¬ 
staltet. Das neue Einkommensteuergesetz hat die frühere Einrichtung 
bestehen lassen, durch welche das Einkommen bis 900 Mark ganz steuer¬ 
frei bleibt — daher zahlen etwa 20 Millionen Köpfe gar keine Steuern 
— und außerdem die Steuersätze der unteren und mittleren Stufen er- 
mäßigt. Das Gewerbesteuergesetz befreit die kleinen Betriebe von 
der Gewerbesteuer; das Kommunalabgabengesetz überwies die bisher 
vom Staate erhobene Ertragssteuer (Realsteuern) den Gemeinden. Als 
Entgelt wurde dafür hauptsächlich die Ergänzungssteuer eingeführt. 
Die Besoldung der staatlichen Beamten, der Lehrer und Geistlichen 
erfuhr eine wesentliche Verbesserung. Zur weiteren Durchführung der 
Selbstverwaltung auf dem Lande wurde eine neue Landgemeinde- 
Ordnung geschaffen. Das Bürgerliche Gesetzbuch kam zum Ab- 
schluß und ist 1900 in Kraft getreten. 
g) Das kirchliche Leben pflegt der Kaiser mit tiefem Ernst; seine 
Religiosität stammt aus innerstem Herzen; sieht er doch auch sein Herrscher-
	        
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