102 Brandenburg vor den Hohenzollern. Preußen. §§ 139.140.
auch als er herangewachsen war, kein rechtes Herz für die branden-
burgischen Lande zeigte. So war es natürlich, daß das neue Herrscher¬
haus nur wenig Zuneigung in den Marken gewann, und daß der falsche
Waldemar, den anfangs selbst Kaiser Karl IV. anerkannte, viel An¬
hang fand. Auch Ludwigs des Älteren jüngere Brüder, die nach ihm
Markgrafen waren, Ludwig der Römer und Otto der Faule, konnten
nicht recht Herren im Lande werden.
3. Kaiser Karl IV., unter dem durch die Goldene Bulle (§ 68, 2)
den Markgrafen von Brandenburg die Kurwürde endgültig zuerkannt
wurde, trachtete selbst nach dem Besitze der Marken und nötigte endlich
seinen Schwiegersohn Otto den Faulen, sie ihm im Fürstenwalder
Vertrag 1373 abzutreten. Fast 50 Jahre hatten die Bayern über die
Mark geherrscht (1324—1373), und ihr Walten war nicht segensreich
gewesen: die nun folgende kürzere Regierung der Lützelburger (1373
bis 1415) sollte trotz des vielversprechenden Anfangs noch Schwereres
bringen. Zwar Karl IV. selbst regierte die Lande für seinen Sohn Wenzel
trefflich; nach seinem Tode aber (1378) verpfändete sie sein zweiter Sohn
Siegmund, dem sie jetzt zufielen, anseinen Vetter Jost von Mähren,
und der Trotz des schloßgesessenen Adels und die Verwirrung stiegen aufs
höchste. Da ernannte der inzwischen zum Kaiser erwählte Siegmund nach
Josts Tode im Zahre 1411 den Burggrafen Friedrich VI. von Nürn¬
berg, den Hohenzollern, „zu einem rechten Obristen und gemeinen Ver-
1415. weser" der Marken, übertrug dann 1415 das Land samt der Kurwürde
und dem Amt eines Erzkämmerers auf ihn und vollzog zwei Jahre jpäter
zu Konstanz die feierliche Belehnung. So kamen die Hohenzollern nach
Brandenburg, und ihr Aar begann seinen Flug „vom Fels zum Meer".
§ 140. Die Vorgeschichte des brandeuburgischen Staates.
B. Preußen. Um dieselbe Zeit, als Brandenburg, das so vielver¬
sprechend begonnen hatte, unter den Wittelsbachern so traurig verfiel,
gedieh weiter östlich eine Schöpfung deutscher Kraft und deutschen Fleißes,
der Ordensstaat Preußen, zur höchsten Blüte. Zum Deutschen
Orden, der ihn schuf, war während des dritten Kreuzzuges der Grund
gelegt worden (§§ 55. 60, 2). Als im Morgenlande eine ersprießliche
Wirksamkeit für ihn unmöglich wurde, fand er ein neues Feld der Tätig¬
keit an der Mündung der Weichsel, wohin ihn 1226 ein polnischer Herzog
zum Kampf gegen die heidnischen Preußen rief. Wenige Jahre daraus
zogen die ersten Ordensritter nach Preußen, und die Eroberung des
Landes begann. Nach und nach siedelte der Orden ganz dahin über, und
1309 nahm der Hochmeister selbst in der Marienburg-an der Nogat
seinen Sitz. Vereinigt mit dem livländischen Orden der Schwert¬
brüder, unterwarfen die Deutschritter, allmählich immer weiter vor¬
dringend, die Preußen und siedelten in ihrem Lande in derselben Weise,
wie die Askanier es in Brandenburg getan hatten, Deutsche an. In