III. Westfalen unter sächsischen Herzögen. 67
bar feit zu erwerben und wählten den Richter aus der Mitte der
Ratsglieder. Die Beisitzer waren die Schöffen oder Ratsmänner.
Zunächst war der Richter des Stadtgerichts auch der Vorsteher der
städtischen Verwaltung. In den rein städtischen Angelegenheiten
aber berieten die Ratsmänner, die von der Bürgerschaft gewählt
wurden, wohl ohne ihn; dann wurde der tüchtigste und einflußreichste
Ratsmann der Sprecher bei den Verhandlungen und auch wohl aus
der Mitte des Magistrats mit ihrer Leitung beauftragt. In streitigen
Fällen galt die ältere Stadt, von der das Stadtrecht übernommen
war, als Oberhof für Rechtsprechung. In Westfalen waren solche Ober¬
höfe namentlich die Reichsstadt Dortmund und das cölnische Soest.
Altes Rathaus von Herford (1878 abgebrochen). Nach einer alten Photographie. (Aus Ludorffs
Bau- und Kunstdenkmälern von Westfalen. Band: Kreis Herford.)
d. Stadtbewohner. Die Hauptbeschäftigung der Bürger war
ursprünglich Ackerbau und Viehzucht; das Vieh wurde auf die
gemeinsame Weide getrieben. Später wurde diese unter die Bürger
geteilt und die Felderwirtschaft verschwand immer mehr, je mehr sich
Handwerk und Handel entwickelten. Vor den Toren entstanden
Garten, wo vorher Felder gewesen waren. Die Stadt wurde immer
mehr der Sitz des Gewerbes und des Handels, die Landwirtschaft
zog sich auf die Dörfer zurück. Doch vollzog sich der Übergang meist
sehr langsam. Auf dem Markte schlugen die Verkäufer gegen eine
Abgabe ihre Stände auf. Da man in den kleinen und engen Privat¬
häusern keine großen Schaufenster für die Auslage der Waren an¬
bringen konnte, so entstanden bald verdeckte Kauf- oder Gilden¬
hallen, ober man baute offene, überwölbte Hallen, die sich oft, wie
in Munster, ganze Straßen entlang zogen. In anberen Städten,
wie in Dortmund, Soest unb Brilon, würben sie an bett Rathäusern
ober anderen öffentlichen Gebäuden angebracht.
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