A. Milder aus der asten Geschichte.
1. Ägypten.
1. Das Land Ägypten liegt im nordöstlichen Afrika und umfaßt das
lange, schmale Thal des Nilflusses. Im Osten und Westen wird es von
kahlen Bergen und Sandwüsten eingeschlossen. Das Land ist ein Geschenk
des Nil, denn ohne ihn würde es ein Teil der großen Wüste sein. Vom
August bis Oktober überschwemmt der Strom das ganze Thal, so daß die
Anhöhen mit Dörfern und Städten wie Inseln aus dem Wasser ragen. Wenn
das Wasser wieder in seine Ufer zurücktritt, hinterläßt es auf dem Lande
einen fetten, rötlichen Schlamm, in dem das Getreide rasch und üppig wächst.
Ägypten war darum die Kornkammer des Morgenlandes.
_ 2. Das Volk bestand aus Kasten oder abgeschlossenen Ständen. Die
Priester waren reich und gebildet, gingen in weißen Leinengewändern und mit
geschorenen Häuptern und hatten die größte Macht. Die Krieger waren die
Beschützer des Landes und wählten aus ihrer Mitte den König oder Pharao.
Die Ackerbauer waren meist Pächter der Priester und Krieger. Zu den
Gewerbetreibenden gehörten Künstler, Kaufleute und Handwerker. Der
Sohn mußte immer das Gewerbe des Vaters betreiben. Die Schiffer be¬
fuhren den Nil, um Fische zu fangen und Waren zu befördern. Die Dol¬
metscher vermittelten den Verkehr mit den Ausländern. Die Schweine¬
hirten galten für unrein und durften keine Tempel betreten.
3. Die Religion war eine Vergötterung der Naturkräfte. Osiris*)
war der belebende Sonnengott, Isis die Göttin der Erdsruchtbarkeit. Ein
Sinnbild des Gottes Osiris war der Stier Apis. Er war schwarz, mit
einem weißen Dreieck auf der Stirn. Starb er, so herrschte große Trauer,
weil Osiris zürnte; wurde ein neuer gefunden, so jubelte man im ganzen
Lande. Den Göttern waren nützliche und schädliche Tiere geweiht, z. B. der
Ibis, das Ichneumon, das Krokodil und die Katze. Letztere mußte aus einem
brennenden Hause früher als die Menschen gerettet werden. Die -Ägypter
glaubten, daß die abgeschiedenen Seelen in allerlei Tierleibern wohnen müßten,
um endlich nach 3000 Jahren geläutert in den Menschenleib zurückzukehren.
Dieser Glaube an eine Seelenwanderung trieb sie zur sorgfältigen Er¬
haltung der Leichen an. Dieselben wurden einbalsamiert, d. h. mit bal¬
samischen Harzen getränkt, mit bemalten Binden umwickelt und in Toten¬
kammern beigesetzt, wo sie zu Mumien versteinerten.
4. Die Baudenkmäler der alten Ägypter sind großartig. Staunen
erregen noch heute die Ruinen der Tempel und Paläste von dem hundert-
thorigen Theben in Ober-Ägypten. Vor den Tempeln standen wie Schild¬
wachen die Obelisken, d. H. hohe, vierseitige Spitzsäulen aus einem Fels-
block, und die Sphinxe, das sind riesenhafte Steinbilder mit einem Löwen-
leibe und einem Menschenkopfe. Die Pyramiden waren ungeheure Toten-
Häuser der Könige aus Kalk- oder Backsteinen. Die größte, nicht weit von
Kairo, ist noch 140 m hoch, obwohl der obere Teil fehlt. Das Laby¬
rinth hatte 1500 Zimmer unter und 1500 über der Erde.
5. Die Bildung der alten Ägypter war frühzeitig eine hohe. Aus Byssus
oder Baumwolle fertigten sie köstliche Gewebe, aus den Häuten der Papyrus-
*) Die Silbe mit fettgedrucktem Selbstlaut wird betont. Ist kein Selbstlaut
hervorgehoben, so liegt der Hauptton auf der ersten Silbe.