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sogenannten „Gnadenkirchen". Gründlich besser wurde es in
dieser Hinsicht erst, seit Schlesien eine preußische Provinz
war (1742).
6. Aus der Zeit der schlesischen Kriege. Zwar haben
die Preußen und vor allem die Schlesier guten Grund, nicht
ängstlich nach den formellen Rechten Brandenburg-
Preußens auf Schlesien zu fragen; sie werden meinen, die
Art, wie die Hohenzollern sich des Landes angenommen haben,
genüge vollständig, um ein etwa bei der Eroberung begangenes
Unrecht wieder gut zu machen. Doch hatte Friedrich der Große
in der That Grund zu Beschwerden gegen den Kaiserhof und zu
Ansprüchen auf einen Teil von Schlesien.
Zunächst hatte König Friedrich Wilhelm I. die prag¬
matische Sanktion, nach welcher in Widerspruch mit der
bisherigen Thronsolgeordnung Maria Theresia, die Tochter
Karls VI., in den österreichischen Ländern zur Regierung kommen
sollte, nicht be dingungslos anerkannt, sondern er hatte
sich dafür verschiedene Vorteile versprechen lassen. U. a. hatte
der Kaiser sich verbindlich gemacht, ihm nach dem Aussterben
des Hauses Pfalz-Neuburg mindestens das Herzogtum Berg zu
verschaffen. Zugleich aber hatte er Jülich und Berg zusammen
dem Hause Pfalz-Sulzbach in bestimmtester Weise in Aussicht
gestellt. Infolge dieser Zweideutigkeit glaubte sich Friedrich mit
Recht an das Versprechen seines Vaters nicht mehr gebunden,
erklärte sich aber bereit, es zu erneuern und Maria Theresia im
Besitz aller ihrer übrigen Erbländer zu beschützen, wenn sie ihm
aus Grund alter Ansprüche einen Teil Schlesiens ab¬
trete.
Damit hatte es folgende Bewandtnis:
1. Der Markgraf Georg der Fromme von Ansbach
hatte 1523 das schlesische Fürstentum Jägerndors (jetzt zum
Teil zum preußischen, zum Teil zum österreichischen Anteil gehörig)
erworben. Später war es durch Erbschaft an den Markgrafen
Johann Georg, den zweiten Sohn des Kurfürsten Joachim
Friedrich von Brandenburg, gekommen. Johann Georg hatte
sich an Friedrich V. von der Pfalz angeschlossen, war deshalb
gleich diesem vom Kaiser ohne Zustimmung des Reichstags ge¬
ächtet worden und hatte 1621 sein Land verloren. Die ver¬
schiedenen Versuche späterer Kurfürsten, es zurückzuerhalten, waren
vergeblich geblieben.
2. Der Herzog Friedrich II. von Liegnitz, Brieg
und Wohlau schloß 1 5 3 7 mit dem Kurfürsten
Joachim II. von Brandenburg eine Erbverbrüderung.
Obgleich ihm besondere Privilegien das Recht dazu gaben, ver-