Der dreißigjährige Krieg: Vorspiel des großen Krieges.
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gewährten der evangelischen Kirche Ruhe, so daß sie sich in Norddeutsch¬
land ungehindert befestigen konnte. Auch der Süden war vorwiegend pro¬
testantisch; aber dort stellte der besonders durch die bayrischen Herzöge
unterstützte Jesuitenorden durch Überredung, Drohung, List und Gewalt
das Übergewicht der katholischen Kirche wieder her. Da auch die folgenden
Kaiser jesuitisch erzogen waren und die Unterdrückung der „lutherischen
Ketzer" als ein Verdienst ansahen, so traten mehrere evangelische Fürsten
zu gegenseitigem Schutze zusammen und bildeten die Union, an deren
Spitze der Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz stand. (1608.) Schon
im folgenden Jahre schlossen katholische Fürsten unter Maximilian von
Bayern die Liga. In demselben Jahre (1609) starb der Herzog von
Jülich, Kleve und Berg ohne Kinder. Da in seinem Hause die weibliche
Erbfolge galt, so mußten ihm seine Schwestern folgen. Die älteste der¬
selben war dem Herzog Albrecht Friedrich von Preußen (S. 234) ver-
mählt; derselbe hatte keine Söhne, seine älteste Tochter war an den Kur¬
fürsten Johann Sigismund von Brandenburg verheiratet, der für seinen
kranken Schwiegervater zugleich Vormund und Statthalter in Preußen
war. Albrecht Friedrichs Gemahlin war beim Tode ihres Bruders, des
Herzogs von Klebe, bereits verstorben, ihre rechtmäßige Erbin war also
ihre Tochter Anna, die Gemahlin Johann Sigismunds. Dieser nahm
daher nach dem Tode des Herzogs von Kleve dies Land sofort in Besitz.
Da trat auch der Erbprinz Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg,
aus einer evangelischen Linie des Hauses Wittelsbach, als Sohn einer
jüngeren, noch lebenden Schwester des verstorbenen Herzogs von Kleve,
mit Einsprüchen auf (f. Stammtafel!). Da der Kaiser, der das Land nicht
in die Hände eines evangelischen Fürsten geraten lassen wollte, Miene machte,
es trotz des weiblichen Erbrechts als erledigtes Lehen zu besetzen, verstän¬
digten sich Johann Sigismund und der Pfalzgraf, das ganze Land einst¬
weilen gemeinschaftlich in Besitz zu nehmen. Zugleich wandten sie sich um
Hilfe gegen den Kaiser an die Liga und die Union, an Holland, England und
Frankreich. Heinrich IV. rüstete bereits ein großes Heer, als der Dolch
des Mörders (S. 216) seine Pläne vereitelte. Jetzt vertrugen sich Union
und Liga, und der drohende europäische Krieg schien vorläufig noch einmal
wieder abgewendet zu sein.
Zum Kleveschen Crbfolgestreit.
Wilhelm, Herzog v. Kleve.
Herzog Johann Wilhelm.
t 1609.
Maria Eleonore.
Gem. Albrecht II.
Friedrich v. Preußen.
Anna.
Gem. Philipp Ludwig,
Pfalzgraf v. Neuburg.
Anna.
Gem. Joh. Sigismund
v. Brandenburg.
Wolfgang Wilhelm.