Full text: Von 102 vor Chr. bis 1500 nach Chr. (Th. 1)

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ein wenig mit den Lothringern, dann kam er sofort zurück und wählte mit 
größtem Eifer jenen zum Herrn und König; worauf der König ihm die 
Hand reichte und ihn neben sich Platz nehmen ließ. Dann wiederholten 
alle von den einzelnen Theilen des Reiches immer von- neuem denselben 
Wahlspruch: die Menge rief Beifall, alle waren in der Wahl des Königs 
mit den Fürsten eines Sinnes, alle verlangten den älteren Kuno; bei ihm 
verharrten sie, ihn zogen sie ohne Bedenken allen Machthabern vor, und 
ihn hielten sie für den der Königsgewalt würdigsten und verlangten, daß 
ohne Verzug die Weihe desselben stattfinde. Die vorher verwitwete Kaiserin 
Kunigunde brachte freudig die königlichen Insignien dar, welche ihr Kaiser 
Heinrich hinterlassen hatte, und bestätigte ihm die Herrschaft, so weit ihr 
Geschlecht es vermag. Ich glaube nun, daß dieser Wahl des Himmels 
Gunst nicht fehlte, da unter so vielen Männern von vorzüglicher Macht, 
so vielen Herzögen und Markgrafen neidlos und streitlos derjenige gewählt 
wurde, welcher an Herkunft und Tüchtigkeit und eignem Besitze niemandem 
nachstand, vom Reiche aber im Vergleich mit solchen Männern nur wenig 
Lehen und Amtsgewalt hatte. Der Kölner Erzbischof freilich und der Herzog 
Friedrich mit einigen anderen Lothringern zogen des jüngeren Kuno wegen, 
wie das Gerücht ging, vielmehr aber vom Teufel, dem Störenfried, aufge¬ 
stachelt, unversöhnt von dannen; doch wandten sie sich bald zur Huld des 
Königs zurück, diejenigen ausgenommen, welche das uns gemeinsame Loos 
des Todes vorher hinwegraffte, und nahmen feine Befehle bereitwillig ent¬ 
gegen; und der Erzbifchof Piligrim bat, wie um die frühere Schuld zu 
sühnen, den König um die Erlaubniß, in der Kirche zu Köln die Königin 
weihen zu dürfen?) Wahrhaftig mit Gottes Willen wurde der erwählt, 
in dem Gott selbst die Huldigung vorgesehen hatte, welche er als König 
später von den Menschen empfangen sollte. Denn er war ein Mann von 
großer Demuth, vorsichtig im Rathe, wahrhaft in Worten, wacker in Thaten, 
frei von allem Geize, der freigebigste aller Könige. Es konnte gar nicht 
ausbleiben, daß er ein Herrscher würde, und zwar der höchste, da ihm die 
Kraft größter Tugenden innewohnte. Denn da geschrieben steht:**) „Dem 
Ruhme geht die Demuth voran", ist er, dem die Königin der Tugenden 
eigen war, mit Recht den Ruhmreichsten dieser Welt vorangegangen. Nicht 
also ziemte es sich, daß derjenige einem Lehnsherrn hienieden hätte dienen 
sollen, dem der allmächtige Gott voraus bestimmt hatte, zu herrschen über alle. 
Als die Wahl beendigt war, eilten alle mit größter Freudigkeit den 
König nach Mainz zu geleiten, damit er dort die hochheilige Salbung 
empfange. Sie gingen frohen Sinnes, die Geistlichen sangen |>fymnett,_ die 
Laien stimmten Lieder an, beide auf ihre Art. Solchen Preis hat meines 
Wissens Gott von den Menschen an einem Tage und an einem Orte noch nicht 
empfangen. Wäre Karl der Große mit seinem Scepter leibhaftig erschienen, 
so wäre das Volk nicht fröhlicher gewesen, und es hätte sich nicht mehr 
über eines so großen Mannes Wiederkunft freuen können, als über dieses 
*) Gisela, die Gemahlin Konrads, Wittwe Ernsts von Schwaben, galt in den 
Augen des Bischofs Aribo u. a. nicht als rechtmäßige Gattin, da sie dem Könige 
zu nahe verwandt war. Sch. 
**) Sprüche Sal. 15, 33.
	        
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