Anhang.
I. Die Verfassung des Deutsche» Reiches.
1. Tas Teutsche Reich ist ein Bundesstaat. Durch die Versailler Ver¬
trage voin November 1870, welche von der Volksvertretung der süddeutschen Länder
und dem Reichstage des norddeutschen Buudes genehmigt wurden, schlossen die
deutlichen Dürften „einen ewigen Buud zum Schutze des Bundesgebietes und de«
mnerhalb desselben gültigen Rechtes, sowie zur Pflege der Wohlfahrt des deutschen
Lölkes." dieser Bund heißt „Deutsches Reich" und umfaßt 26 Staaten. An der
Spitze steht der König von Preußen mit dem Titel „Deutscher Kaiser".
2 2- Gesetzgebung für das Teutsche Reich, a) Die Gesetzgebung für
das Bundesgebiet üben Bundesrat und Reichstag gemeinsam aus. Zu
einem Reichsgesetze ist der übereinstimmende Beschluß beider Körperschaften
nöttg. Die Reichsgesetze gehen den Gesetzen der einzelnen Länder vor und gelten
ohne werteres in allen Gebieten. Bayern besitzt jedoch noch eine Anzahl besonderer
Rechte (Reservatrechte) und ist hinsichlich derselben nicht an die Reichsgesetze ge¬
bunden.
b) Sache der Reichs ge setz gebnng sind namentlich folgende Angelegen-
heiten. Militärwesen und Marine, Justizwesen, die Bestimmungen über Freizügig¬
keit, Heimat, Aufenthalt und Verehelichung (Standesamt), über den Gewerbebetrieb
und das Versicherungswesen, über Maß-, Gewichts- und Münzsystem, ferner die
^°ri\ und Handelsgesetzgebung, die Steuern und das Bankwesen, der Schutz der
-teutschen unb ihres Hanbels im Auslande, der Schutz des geistigen Eigentums und
bte Erfindungs-Patente, das Medizinal-, Preß- und Vereinswesen, endlich Eisen
bahnen, Post unb Telegraphie. Hievon besitzt Bayern Reservatrechte über das
Militärivesen, über Eisenbahnen, Post unb Telegraphie, über Heimat-, Rieder-
lassnngs- unb Verehelichungsbestimmungen unb über einzelne Steuern (r. B
Malzaufschlag).
e) Rechte jedes Deutschen. Alle Deutschen ohne Unterschied der Kon¬
fession sind gleichberechtigt und in jedem Bundesstaate als Jnlänber zu behandeln,
^jcdcr kann seinen festen Wohnsitz nehmen, wo er will; er muß zu jedem Ge¬
werbebetriebe, zur Erwerbung von Grundbesitz, zu allen öffentlichen Ämtern, zur
Erlangung bes Staatsbürgerrechtes unb zum Genusse aller sonstigen bürgerlichen
Rechte gemäß ben Gesetzen jenes Lanbes, wo er seinen Wohnsitz hat, zugelassen
werben.