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Sie war eine Weimarische Prinzessin und verlebte ihre
Jugendjahre am Hofe ihres Vaters, im engen Verkehr mit
den größten Geistern unsres Volkes wie Goethe, n. a. m.
Das eheliche Zusammenleben des fürstlichen Paares
konnte stets dem Volke als leuchtendes Vorbild gelten.
Sie schenkte dem König und Kaiser, ihrem Gemahl, zwei
Kinder, den späteren Kaiser Friedrich III. und die noch
lebende Großherzogin von Baden.
Dem Volke trat sie nicht so nahe wie einst die Königin
Luise von Preußen, dennoch haben Berlin und
Koblenz, ihre beiden Residenzstädte, viel Gutes von
ihr erfahren und manche wohlthätige Anstalt trägt ihren
Namen.
Der allgemeine Siegesjubel nach den gewonnenen Schlach¬
ten riß die sonst sich vornehm zurückhaltende hohe Frau
denn doch zuweilen fort, sich unter das Volk zu mischen
und ihren Berlinern die Siegesdepeschen selbst vorzu¬
lesen. Dabei hat sich einst eine recht ergötzliche Scene
abgespielt.
Nach der Schlacht bei Königsgrätz sammelte sich wie
auf Verabredung viel Volks vor dem königlichen Palais in
Berlin, um Neues zu erfahren.
Die Königin erschien am Fenster und hielt die Sieges¬
depesche ihres Gemahls freudig erregt in der Hand.
Lautlose Stille!
Da öffnete die Königin das Fenster und las die frohe
Botschaft vor. Endloser Jubel antwortete ihr.
Entblößten Hauptes sang man die Preußenhymne: „Heil
dir im Siegerkranz!"
Nahe vor dem Palais steht das schöne Denkmal
Friedrichs des Großen. Es ist ziemlich hoch
und schwer hinaus zu kommen, ist auch gar nicht dazu
eingerichtet.