Full text: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

762 Myrtus — 
ber Benennung lunreit bie Alten selbst nicht einig: 
m weitester Ausdehnung reichte^ es von Enboia 
bis zur Ostknste Lakoniciis. 
Myiius, [iVQzog ober [ivgQLvr], ber aus Grie¬ 
chenlaub nach Italien verpflanzte, in mehreren 
Arten üortommenbe, ber Aphrobite geheiligte 
Myrtenbaum, bessen Blätter und Zweige vorzüg¬ 
lich zu Kränzen gebraucht würben, sowol um bie 
Sieger in bcn Wettkämpfen zu verherrlichen, als 
auch bei Gastmählern, Hochzeitsfeiern it. dgl. m. 
Aus bcn Blättern bereitete man auch eine Salbe 
und preßte aus beit Beeren ein Del von buitfler 
Farbe; auch bereitete man ein nicht berauschendes 
Getränk bnrmis {(ivQthrjq oivoc). Man schrieb ber 
Myrte eine reitiigenbe Kraft zn unb gebrauchte 
sic bayer auch bei feierlichen Reinigungen ober 
Lnstrationen, als Symbol bei- Ehe, als Schmuck 
der Eingeweihten unb ber Tobten it. s. f. In 
Athen gab es einen eigenen Myrtenmarkt. 
31 ys s. Bildhauer, 5. 
MysTa, i) Dlvoia, uorbwestliche Provinz Klein¬ 
asiens, nach Strabon so genannt von bcn vielen 
Buchen, besonbers in ber Gcgenb bes Dlympos, 
da avaog bei den Lydern die Bnche geheißen habe. 
Die Grenzen waren im N. die Propontis und 
der Hellespont, im W. das aigaiische Meer, im 
S. Lydien, im D. Phrygien unb Bithynien (Fluß 
Rhynbakos unb Dlymposbcrg). M. zerfiel in 5 
Theile: 1) Kleinmysien {M. r\ fiiHQcc), ber 
nördliche Theil längs ber Propontis bis zum 
Dlympos; 2) Großmysicu (M. r/ ynyah]), bei 
sübliche Theil bes innern Laubes; 3) Troas (17 
1'qcoks), ber nördliche Theil ber Westküste vom 
Vorgebirge ©igeion bis zum Vorgebirge Lektou 
am abraiuyttischen Meerbusen; 4) Aiolis (rj Aio- 
Ug), der südliche Theil der Westküste zwischen den 
Flüssen Kaikos und Hermos; 5) Tenthrania 
(rj Tfv&QCiVLtt), der Landstrich längs der ©Üd- 
grenze. Unter der persischen Herrschaft gehörte 
Mystcit zur 2. Satrapie (I{dt. 3, 90.), begriff 
aber nur beit nordöstlichen Theil bes eben be¬ 
schriebenen Ganzen. Zn ben Gebirgen bes Laubes 
gehörte ber Iba (s. b.) mit bcn Spitzen Gargaros 
und Kotylos, der Tentitos (j. Demirji-Dagh) mit 
den südlichen Ausläufern Piudasos und Sar¬ 
delle. Unter den Vorgebirgen sind zu merken: 
Rhoiteiou (j. Jntcpeh), Sigeion (j. Jeuischcher), 
Lekton (j. E. Baba oder S. Maria), Kutte (j. 
Koloui) u. a. An der Westküste lag der abra¬ 
nn) t tische Meerbusen (j. Meerb. von Abrantyti). 
Die Zahl ber Flüsse ist bcbeittenb, nicht aber ihre 
Größe. In bie Propontis münden: ber RhYn - 
dakos (j. ^upad) mit dem Makestos (j. Susu- 
ghci'li), Aisep0s, Granikos (j. Kobscha-Su); in 
den Hellespont: Pais 0 s (j. Beirambere), Perko¬ 
tes, Simo'is (j. Gumbrek) unb ber Skaman- 
bros (jetzt Menbere-Sn). An ber Westküste mün- 
ben: Satnioeis (j. Tuzla), Etienos (j. Satt- 
bar li), Kaikos (j. Aksu) mit bem Mysios (j. 
Bergma). An Seen finden sich: bie Apollonia- 
tis (j. Itlnbab), am Fuß bes Dlympos; Artynia 
ober Sec von Miletopolis (j. Sec von Maitias) 
niib Pte 1 c 0 s bei Dphrynion an ber Küste bes 
Hellespont. — Die Einwohner zerfielen stets in 
2 verschiedene Völkerschaften, in ber ältesten Zeit 
Phrygcr unb Troer, baun Myscr unb Aioler. 
Die Myser (Mvgol!) waren wahrscheinlich ein 
ans Thrakien eingewanbertcr Stamm (anders 
• Mysteria. 
Hdt. 7, 74.). Ueber bie Troer s. Troas. An 
Stabten sind zu nennen 1) in Kleinmysien: Plasia, 
Kyzikos, Pariott, Lampsakos, Abydos an der 
Küste, Apollonia, Miletopolis (j. Mnalitsch), Zcleia, 
Gcrgithos, Perkote im Innern. 2) In Troas: 
Dardanos, Rhoiteiou, Sigcion, Alcxandreia Troas, 
Larissa, Hamaxitos, Myrikos, Assos, Gargaros, 
Adramyttiou, Ilion, Arisbe, Thymbra. 3) In 
Aiolts besonders die Bundesstädte (s. Aiolis); 
4) unb 5) in Großmysicn unb Tenthrania: Per¬ 
gamon, Partheuioii, Halisarua u. a. Das Ge¬ 
nauere bei bcn einzelnen Artikeln. Strab. 12, 
563 ff. Mela 1, 18. 
Mystagögos unb Mystes s. Mysteria, 3. 
unb Eleusinia. 
Mysteria, MvctriQLcc, Geheimeulte, eine be- 1 
soubere Art von Gottesverehrung, als bereu cha¬ 
rakteristische Merkmale man außer bem Geheim¬ 
nißvollen unb Verborgenen ber rituellen Gebräuche 
eine aufgeregte, enthusiastische Gemüthsstimmung 
unb eine besondere, nur von ihnen erwartete re¬ 
ligiöse Weihe unb Erbauung anzusehen hat. Sie 
gingen nicht ans Sucht nach betn Ausländischen 
hervor, sondern aus dem einfachen Glauben, daß 
in der Theilnahme ein ihnen eine wesentlich be¬ 
glückende, die Noth des Lebens besiegende Krast 
liege. Diese Eigenschaften werden durch die Be- 
ijeitmutgeit der Culte flvgztiqicc, oqyiu, ztlszui 
ausgedrückt. Mvotr\Qiov nämlich, zusammen¬ 
hängend mit (ivco (ich schließe den Mititd, das 
Auge u. s. w.), bezeichnet int Singular das Ge¬ 
heimniß, im Plural entweder den Geheimdienst 
selbst oder die in demselben vorkommenden ge- 
heimnißvolleu Gegenstände; bei dem Namen ogyict 
dagegen tritt besonders die Bestimmung einer 
enthusiastischen Gcmüthscrrcgung hervor, während 
tsiezt], welches allerdings wie auch ogyiu in 
allgemeiner Bedeutung jede mystische Handlung 
bezeichnen kann, die durch die Einführung in jene 
Culte erreichte innere Weihe und Vollendung be¬ 
deutet. Dieselbe Bedeutung liegt dem lateinischen 
initia zu Gründe. Die bei den sonstigen Got- 2 
tesdiensten vorkommenben Hanblungcu und Ge¬ 
bräuche, wie Reinigungen, (Sühnungen und Bü¬ 
ßungen, Dpser, Processtoiten, Gesäuge u. s. f., 
finden sich auch bei dem Mystericncnlte; nur haben 
sie hier einen ganz anderen Charakter, indem sic 
mit einer durchaus orgiaftischen Gcmüthserreguug 
vorgenommen werden, meist bei nächtlicher Feier 
unter Fackelschein und berauschender Musik. Außer¬ 
dem haben die M. ihre besonderen Mythen (isgol 
löyoi), die sich von den gewöhnlichen Mythen 
burch bas Vorherrschen bes Symbolischen unb 
Allegorischen unb bcn Mangel fester und klarer 
Gestaltung unterscheiben; sic brehen sich meistens 
um bie Geschichte ber gefeierten Gottheit, ihre 
Geburt, ihr Leben unb Sterben u. dgl. Gewöhn¬ 
lich wurde diese Geschichte der Gottheit mit gro¬ 
ßem Pomp auf mimisch-dramatische Weise aufge¬ 
führt, unter Ausrufungen, Gesäugen unb Tänzen, 
wunderbaren Erscheinungen, unter Vorzeigen hei¬ 
liger Symbole (ovfißola), Merk- unb Wahrzeichen 
ber göttlichen Gegenwart (auch ccnoQQrjza, fiv- 
arriQLcc, ögyia genannt), bie mau anbetete, be¬ 
rührte, küßte, von betten man genoß. Zn bieseit 
Symbolen gehörte bie mystische Labe, bie Fackel, 
ber Mischtrank (kvhbcöv) in den M. der Demeter, 
bie Schlangen, bas Rchscll, ber Stier bei beit
	        
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