Full text: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

798 # Octavianus. 
vermählte sich Antonius mit der edlen Octavia, 
der Schwester des O. An Provinzen erhielt An¬ 
tonius alle von Scodra in Jllyrien östlich, O. 
alle westlich liegenden, während Italien gemein¬ 
schaftlich blieb. Auch mit S. Pompejus, welcher 
in den Vertrag nicht mit eingeschlossen war, kam 
im I. 39 ein Friede zu Stande, da die Abschnei- 
dnng der Zufuhr aus Sicilien in Rom Unruhen 
hervorrief. Bald jedoch brachen die Feindselig¬ 
keiten wieder aus (bellum Siculum), weil Pom¬ 
pejus die von seinem Feldherrn Menodorus ver¬ 
räterischer Weise an den O. ausgelieferten Pro¬ 
vinzen Corsica uud Sardinien, wiewol vergebens, 
zurückforderte. Nachdem O. von Antouins, der 
sein Verfahren anfangs misbilligte, gegen Über¬ 
lassung von 20,000 M. Landtruppen 120 Schiffe 
erhalten hatte, gelang es der Umsicht und Energie 
seines trefflichen Feldherrn M. Vipsanius Agrippa, 
bei Mylä an der Nordküste Siciliens einen ent¬ 
scheidenden Seesieg zu erkämpfen (Suet. Oct. 16. 
App. b. c. 5, 97.); Pompejus floh nach Klein¬ 
asien und wurde zu Milet ermordet. Als Lepidus 
nun aus Afrika herbeieilte, um die Insel für sich 
in Besitz zn nehmen, gewann O. seine Truppen, 
nahm ihm seine Provinzen und die Würde eines 
Trinmvir und verwies ihn in die Stille von 
Circeji, wo er bis 13 v. C. als Pontifex Maxi¬ 
mus lebte. So stürzte O. zwei Nebenbuhler und 
erstarkte dadurch zum Kampfe gegen den dritten. 
— Um seine unruhigen Legionen zu beschäftigen, 
führte er sie in den Kampf gegen die Illyrier, 
Pannonier und Dalmatier, die den Tribut ver¬ 
weigert hatten. Unterdessen sührte Antonius ohne 
bedeutende Erfolge den Krieg gegen die Par¬ 
ther, lebte zu Alexandrien in Ueppigkeit mit 
der Kleopatra, deren Sohn Cäsarion er für 
Cäfars rechtmäßigen Sohn erklärte, um dis An¬ 
sprüche des Adoptivsohnes O. ungültig zu machen, 
verschleuderte die römischen Provinzen uud schickte 
endlich im Jahre 32 der Octavia den Scheide¬ 
brief. Es kam zum letzten Kampf: der Senat 
erklärte auf O.s Veranlassung zunächst nicht dem 
Antonius, sondern der Kleopatra den Krieg, die 
nun den Antonius iu den Krieg begleitete; allein 
anstatt rasch auf den noch nicht hinlänglich gerü¬ 
steten Gegner loszugehen, vergeudete Antonius 
die beste Zeit und wählte dann auf den Rath der 
Kleopatra den Seekrieg. In diesem gewann M. 
Agrippa für den O. am 2. Sept. 31 die ent¬ 
scheidende Schlacht bei dem Vorgebirge Actium, 
ans welcher Kl. und Ant. schon vor der völligen 
Entscheidung nach Aegypten flohen; ihre Flotte 
ward verbrannt, das Landheer ergab sich dem 
Sieger. Als O. nun von Syrien aus Aegypten 
angriff, gab sich Antonius auf Veranlassung.der 
Kleopatra den Tod: diese war gezwungen, ein 
Gleiches zu thun, als es ihr nicht gelang, wie sie 
gehofft, den O. durch ihre Reize zu bestricken, 
und sie befürchten mußte, bestimmt zn sein, den 
Triumph des Siegers zu zieren. Durch den Tod 
des A. war jeder Bürgerkrieg beendigt, O. war 
factischer unbestrittener Alleinherrscher. Am 1. Jan. 
29 v. E. wurden seine Verfügungen von Senat 
und Volk durch einen Schwur bestätigt, und der 
Senat beschloß, sein Name solle unter die Götter 
eingetragen, der Tag seiner Rückkehr stets als 
Festtag gefeiert werden. Bei seiner Rückkehr im 
Monat Sextilis feierte O. einen dreitägigen 
Triumph, wegen Dalmatien, Actinm und Aegyp¬ 
ten, jeder Krieger erhielt 1000 Sesterze, die Os- 
siciere nach Verhältniß mehr, er bezahlte alle 
feine Schulden und forderte das ihm Geschuldete 
nicht ein. Spiele und Festlichkeiten solgten in 
reichem Maße: dann schloß er zum Zeichen all¬ 
gemeinen Friedens den Janustempel. Er erhielt 
nun den bleibenden Titel Imperator, sowie 
censorische Gewalt, welche letztere er benutzte, um 
den Senat sowol von den oppositionellen als von 
den schlechten Elementen zu säubern. Ueberhaupt sah 
er ein, daß die gewonnene Herrschaft für d« Dauer 
nicht ans dem Wege der Gewalt zn behaupten fei; so 
suchte er alle die Befugnisse, welche er bereits als 
Imperator hatte, nach und nach dem Senate als 
scheinbar freie Zugeständnisse abzugewinnen, indem 
er sich alle höhern Staatsämter, später sogar die 
gesetzgebende Gewalt, übertragen und sich von der 
bindenden Kraft der Gesetze freisprechen ließ. Der 
Titel Augustus, der Ehrfurchtswürdige, oeßa- 
Gto's, welcher ihm am 17. Jan. 27 auf Antrag 
des Muuatius Plancus beigelegt wurde, ging auf 
seine Nachfolger über. Zuerst nahm er die ihm 
übertragene Macht scheinbar mit Widerstreben auf 
zehn Jahre an und ließ dann ebenso die weitere 
Verlängerung bestehen. Nachdem er das Consnlat 
11 Mal verwaltet hatte, legte er es nieder, er¬ 
hielt aber statt dessen die tribunicia potestas 
perpetua. Zn der praefectura morum im I. 19 
trat nach dem Tode des Lepidus im I. 13 noch 
die Würde des Pontifex Maximus. In allen 
Provinzen hatte er ferner proconfularifche Gewalt. 
Den äußeren Formen nach ließ er aber die in 
ihrem Wesen längst geschwundene Republik fort¬ 
bestehen; doch waren die Würden, die er seinen 
Freunden überließ, Titel ohne Macht. In weiser 
Klugheit vermied er ferner Herrschergepränge, 
vielmehr lebte er in der Einfachheit eines Privat¬ 
mannes. In den Comitien stimmte er gleich dem 
geringsten seiner Tribnsgenossen nnd ging bei 
Wahlen mit seinen Candidaten herum, um Stim¬ 
men bittend; vor Gericht benahm er sich als 
Zeuge und Patron wie Jedermann. Seine ver¬ 
trautesten Rathgeber waren Agrippa und Mäeenas, 
deren Rath für öffentliches und Privatleben ihm 
sehr wichtig war. Die trefflichen Dienste des er¬ 
steren im Kriege sind schon erwähnt worden: auf 
feinen Rath wurden zu Rom auch großartige 
Bauten ausgeführt, z. B. der Bau des Pantheon. 
Neben jenen beiden Männern ist noch Asinins 
Pollio zu nennen. Außer diesen Männern stand 
ihm ein aus 20 Senatoren bestehender geheimer 
Rath (consistoriurn principis) rathend zur Seite: 
den Senat hatte er überhaupt auf 600 er¬ 
gebene Mitglieder beschränkt. Das Volk war 
durch Spiele gewonnen, und so hatte denn 
die eigentlich zwischen dem Oberhaupt und dem 
Volke getheilte Macht ihren Sitz namentlich bei 
ersterem. — Eine bedeutende Umgestaltung erfuhr 
das Militäroefen durch Augustus. Zur Erhaltung 
der Herrschaft wurde ein stehendes Heer unter¬ 
halten, besonders in den Grenzprovinzen, wo aus 
den Standlagern oft neue Städte entstanden. Er 
selbst umgab sich mit einer aus 10 Cohorten (zu 
1000 M.) bestehenden Leibwache, und zwar aus 
Germanen, die ihr Hauptquartier in Rom hatten 
(catra praetoriana): 2 praefecti praetorio be¬ 
fehligten sie. Zur Ausrechthaltung der Ordnung
	        
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