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knüpft worden, erfreuliche und nachteilige. Die Sympa¬
thien für Frankreich waren zwar durchaus nicht so allge¬
mein, wie vielfach angenommen worden ist, besonders die
letzten Jahre hatten durch den fast andauernden Kriegs¬
zustand die Unzufriedenheit mit dem Regiment Napoleons
und die Sehnsucht nach Frieden geweckt; aber viel jährige
Beziehungen hatten doch Verhältnisse geschaffen und Ge¬
wohnheiten herausgebildet, deren Abbruch oder Umgestal¬
tung Schwierigkeiten bot. Diejenigen, die im Jahre 1815
im kräftigsten Mannesalter standen, waren in der Fran¬
zosenzeit groß geworden, sie waren in die napoleonischen
Zustände -mit ihren ruhmreichen Erfolgen hineingewachsen.
Der große Umschwung war dann zu rasch gekommen, man
konnte sich in ihn noch nicht hineinfühlen. Das erklärt die
gemischten Gefühle der Rheinländer beim Übergange an
Preußen. Die neue Herrschaft trug für den Rheinländer
etwas Fremdartiges an sich. Unbekannt war sie ihm zwar
nicht. Am Niederrhein hatte ein schönes Stück Land (Cleve,
Geldern, Mörs und Crefeld) bereits seit zwei Jahrhunderten
unter brandenburgisch-preußischer Herrschaft gestanden,
Aber diese Herrschaft war als streng und nüchtern bekannt.
Dazu machten sich auch konfessionelle Verhältnisse geltend:
Die Rheinlande waren zum größten Teile katholisch, wäh¬
rend Preußen überwiegend dem evangelischen Bekenntnis
angehörte. Die Einrichtung der katholisch-theologischen
Fakultät an der neugegründeten Bonner Universität (1818)
sowie die Neuordnung der katholisch-kirchlichen Verhält¬
nisse (1821) übten eine günstige Wirkung auf die katholi¬
schen Rheinländer aus. Der Gegensatz zwischen dem katho¬
lischen Rheinlande und dem evangelischen Preußen ist als
Hindernis der politischen Verschmelzung der neuen mit den
alten Staatsteilen vielfach überschätzt worden. Man war
sich zwar des Gegensatzes bewußt. Die Aufklärung des
18. Jahrhunderts und die Toleranz der französischen Zeit
hatten aber den konfessionellen Gegensätzen ihren schroffen
Charakter genommen. Durch strenge Ordnung, Fleiß und
Redlichkeit flößte die preußische Verwaltung schon bald
allgemeine Achtung ein, wenn auch von einem innigen Ver¬
hältnis noch nicht die Rede sein konnte.