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verfügte er über allzeit getreue und allgegenwärtige Werkzeuge seines
Willens. In Sizilien bestellte er seine Gemahlin zur Regentin; der Reichs-
ministerial Konrad von Urslingen, Herzog von Spoleto, trat ihr als Statt¬
halter zur Seite. In Mittelitalien schaltete er eigenmächtig über das Patri¬
monium Petri und die mathildischen Güter; er setzte in Rom einen kaiser¬
lichen Stadtpräfekten ein trotz ausdrücklichen Verzichts Friedrichs I. auf
dieses Recht im Frieden von Venedig; er verlieh seinem Bruder Philipp
Tuscien und das mathildische (Erbe. Der Reichsdienstmann Markward von
Anweiler ward Statthalter über die Mark AnKona, über die Rorrtagna
und Ravenna, der INinisterial Konrad von Lützelhard ward Graf von RTolisa.
3n Gberitalien wußte der Kaiser die alte Nebenbuhlerschaft zwischen Genua
und Pisa zu beleben, dem lombardischen Bund setzte er einen Bund kaiser¬
licher Städte und der Markgrafen von Montferrat entgegen; das Land
war ruhig.
Als Beherrscher Italiens und der Kurie betrat der Kaiser den deutschen
Boden von neuem in dem Augenblick etwa, da Heinrich der Lörve seinem
Alter erlag. Den außerordentlichsten Plan brachte er mit sich.
Als Kaiser und erblicher Herrscher Siziliens von dem großen Gedanken
einer abendländischen Universalherrschaft getragen, konnte er Deutschland
für diese nicht entbehren: dauernd verbinden aber konnte er Deutschland
nur mit Sizilien, wenn er es zum Erdreich seines Hauses umschuf. So begann
er Unterhandlungen mit den Fürsten, um das bisherige deutsche Wahlkönig¬
tum in ein Erzkönigtum der Staufer zu verwandeln. AIs wertvolle Morgen-
gäbe wollte er Sizilien der neuen Monarchie einbringen; gewichtige Vor¬
teile sollten Laienfürsten und Pfaffenfürsten davontragen, die Aufhebung
des Spolienrechtes, die Vererblichkeit der Lehen auf Seitenlinien und
Töchter.
Im April 1196 waren so viele Fürsten gewonnen und eingeschüchtert,
daß Heinrich seine Absicht auf einem Reichstag zu Würzburg öffentlich
darlegen konnte; zweiundfünfzig jener Fürsten, die den König zu wählen
pflegten, sollen ihm zugestimmt haben. Aber aus Sachsen und vom Nieder¬
rhein, aus den peripherischen Ländern der staufischen Herrschaft meldete sich
Widerspruch; Heinrich, der dringlichere Absichten in Italien hatte, wollte
sich nicht aufhalten lassen; er begnügte sich mit der einstimmigen Königswahl
seines zweijährigen Knaben Friedrich, die praktisch auf weite Zeiten hin
dieselbe Wirkung zu haben schien, wie die Begründung erbköniglicher
Rechte.
Roch vor dieser Wahl war Heinrich wieder in Italien. Er plante einen
Kreuzzug zur Vernichtung auch des geistigen Einflusses des Papsttums und
zur Betonung universaler Gewalt im Morgenland. Pilgerscharen über Pilger-
scharen ließ er auf seinen Schiffen von Apulien nach Palästina befördern, wäh¬
rend er selbst noch von Italien aus die diplomatischen Vorbereitungen für sein
Erscheinen im (Drient traf. Er forderte Tribute ein von den arabischen
Herrschern der nordafrikanischen Küste; er belehnte König Amalrich von
(Eqpern, Boemund von Antiochien, Leo von Armenien mit ihren Reichen.
Rach Bpzanz sandte er Heinrich von Kalden, alles Land südlich von Epidaurus
und Thessalonich als normannisches Erbteil zu fordern; und der Kaiser
Alexius zahlte Tribut aus den heiligen Schätzen der Kirchen und der
kaiserlichen Gräber. Es waren die letzten Vorbereitungen zum Zuge; im
Sommer 1197 standen gegen 60 000 Krieger in Apulien der Kreuzfahrt