Eine Kaiserkrone kann nur auf dem Schlachtfeld errungen
werden. Heute, da dieses königliche Wort sich glänzend
erfüllt hat, dürfen wir uns alle wohl in dem Wunsche
vereinigen, es mögen Eurer Königlichen Majestät durch
Gottes Gnade noch recht lange und gesegnete Jahre ver¬
gönnt sein, dieses geheiligte Symbol deutscher Eintracht
und Kraft in Frieden zu tragen. Zur Bekräftigung dieses
aufrichtigen Wunsches rufe ich die Worte aus, welche der
hohe Verbündete Eurer Majestät, Seine Majestät der König
von Bayern, zu geschichtlicher Bedeutung erhoben hat: hoch
lebe Se. Majestät König Wilhelm der Siegreiche!"
Dieser Ruf fand natürlich einen begeisterten Widerhall
und dreimalige Wiederholung in der nun freudig erregten
Versammlung. Der König war sehr bewegt, gab mir
freundlich die Hand und sagte mir die sehr werten Worte:
„Nun, Du hast das Beste für die Einigung getan, Dir
gebührt der Dank dafür."
23.
Aus dem Schreiben König Wilhelms an König
Johann von Sachsen.
(Versailles, 14. Januar 1871.) *)
Nachdem Eure Königliche Majestät in Gemeinschaft
mit der Gesamtheit der deutschen Fürsten und freien Städte
die Aufforderung zur Herstellung der deutschen Kaiser¬
würde mir haben zugehen lassen, danke ich Eurer Könige
liehen Majestät für diesen Beweis Ihres Vertrauens und halte
es für eine, mir gegen das gemeinsame Vaterland obliegende
Pflicht, dem an mich ergangenen Rufe Folge zu leisten.
Ich nehme die deutsche Kaiserwürde an, nicht im
Sinne der Machtansprüche, für deren Verwirklichung in
den ruhmvollsten Zeiten unserer Geschichte die Macht
Deutschlands zum Schaden seiner inneren Entwicklung ein¬
gesetzt wurde, sondern mit dem festen Vorsatze — soweit
Gott Gnade gibt — als deutscher Fürst der treue Schirm-
x) Aus dem Briefwechsel zwischen König Johann von Sachsen
unö Öen Königen FrieÖrich Wilhelm IV. unö Wilhelm I. von Preußen,
S. 470 f.
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