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103. Ein Tag aus der Hochebene von Peru.
103. Km Gag auf der Aocheöene von Meru.
Der Morgen war im Erwachen. Die Sonne begann die mit
ewigem Schnee bedeckten Häupter des Gebirges leicht zu röten, und
durch die rußige Öffnung im Dache, welche als Rauchfang in der
schlechten Schäferhütte diente, drangen die spärlichen Lichter des an¬
brechenden Tages ins Innere. Ich verließ mein trauriges Lager, hob
das Kuhfell vor der Thüröffnung auf und kroch hinaus, um nach
meinem Maultiere zu sehen und es zur Weiterreise zu satteln. Mit
einem dankbaren Gefühle für den Schutz der vergangenen Nacht ver¬
ließ ich die erbärmliche Hütte und suchte trockenen Fußes durch den
Morast zu kommen, der sie umgab. Zitternd vor Frost stand mit
gesenktem Kopse und eingefallenen Weichen mein treffliches Tier in der
Nähe an einen Stein gebunden. Ich sattelte es mit sroststeisen Händen
und legte ihm die Quersäcke über, in denen sich auf der einen Seite mein
Mundvorrat, auf der anderen eine kleine Sammlung ausgestopfter
Vögel befand, die ich an den vorhergehenden Tagen geschossen hatte.
Mein indianischer Hauswirt reichte mir die Flinte, ich bot ihm mit
etwas kleiner Münze und einigen Papiercigarren mein Gastgeschenk,
fragte nach dem Wege und ritt mit einem dankbaren und freundlichen
„Gott schütz' Euch!" weg, während er mir halb gleichgiltig, halb neu¬
gierig nachschaute und dann wieder mit seinen Hunden in die Hütte
kroch.
Ein dichter, schwerer Nebel bedeckte die ganze Gegend und ver¬
schmolz mit dem über stacht reichlich gefallenen Schnee in ein ein¬
förmiges Weiß. Mein Weg führte mich an einer alten Indianerin
vorbei, die ihre Schafe zur Weide trieb; blökend zog die Herde ihr
voran und ließ eine tiefe Furche im Schnee zurück; ungeduldig harrten
sie, daß die siegreiche Sonne den Nebel durchbreche und die unwill¬
kommene Decke von ihrem spärlichen Futter wegziehe. Etwas höher
traf ich den verwilderten Sohn jener Schashirtin, emsig beschäftigt,
mit seinem Hunde Rebhühner zu sangen, um sie des Sonntags im
nächsten Dorfe für eine Kleinigkeit zu verkaufen. Auf schlechtem Pfade
ritt ich die sanfte Abdachung der Höhen hinan. Sümpfe oder Felsen,
die nicht zu ersteigen waren, nötigten mich oft zu großen Umwegen.
Mehrere Stunden waren verflossen, als endlich die Sonne den Nebel
zerteilte, und vor ihrem brennenden Strahle war in wenigen Augen¬
blicken der Schnee verschwunden. Mit neuer Kraft durchdrungen,
suchte ich mich aus der menschenleeren Höhe zurechtzufinden. Ich hatte
eine Hochebene von fast 4500 Metern über dem Meere erreicht. Von
beiden Seiten starrten mich die beeisten Zacken des Gebirges an, aus
denen einzelne Pyramiden riesenhaft zum Himmel emporstrebten.
Hinter mir lagen tief und tiefer die schwarzdunkeln Thäler der niedrigeren
Bergregionen mit kaum erkennbaren Jndianerdörfern und verschmolzen