Full text: Das Mittelalter (Teil 1 = H. 135 [d. Gesamtw.])

Die deutsche Kolonisation 19 
Ich gestatte ihnen einen eigenen Priester, den sie sich für ihre Kirche 
frei wählen mögen, und ebenso einen Richter; und der Bischof soll ihrer 
Bitte (um Bestätigung und Bestellung des Priesters) in keinerlei weise 
widersprechen. 
Sie müssen zu keiner Heerfahrt ins Feld rücken, außer wenn es sich 
um die Verteidigung des Vaterlandes handelt, wenn der Herzog sich außer¬ 
halb Böhmens auf einer Heerfahrt befindet, so sollen die Deutschen Prag 
mit 12 Schilden1 bewachen. 
Über Totschlag zu richten, kommt dem Fürsten selbst zu; für einen Tot¬ 
schlag nämlich soll man dem Fürsten mit 10 Talenten Regensburger münze2 
büßen oder mit der rechten Hand des Mörders oder wie der Fürst die (Er¬ 
langung der Gnade bestimmen mag. 
wer unter ihnen den Frieden bricht, zahlt, der Schuldige nämlich, dem 
Fürsten 10 Talente. 
hat ein Böhme mit einem Deutschen einen Prozeß, bei dem Zeugen 
zum Wahrheitsbeweise nötig sind, so soll der Böhme gegen den Deutschen 
2 Deutsche und 1 Böhmen, alles getreue Männer, als Zeugen haben. 
Ähnlich soll, wenn ein Deutscher einen Prozeß mit einem Böhmen hat, 
der Deutsche gegen den Böhmen 2 Böhmen und 1 Deutschen, aber getreue 
Männer, als Zeugen haben. 
von den Romanen3 und Juden gilt ähnliches. 
... Ruch gewähre ich den Deutschen, daß sie frei seien von den (Bästen, 
Fremdlingen nnd Ankömmlingen. 
Ihr sollt wissen, daß die Deutschen freie Männer sind, 
welcher Ankömmling oder (Bast, mag er von welchem Lande immer 
kommen, mit den Deutschen in ihrem Gemeinwesen wohnen will, der soll 
das Gesetz und Recht der Deutschen annehmen. .. . 
wenn einer durch die viertel der Deutschen bei der Rächt ohne Fackel 
gehen sollte, so sind die Deutschen, falls er erschlagen wird, nicht klagbar— 
der deutschen Kaufmannskolonie den Gebrauch des eigenen Rechtes zugesichert 
halte, bestätigte und erweiterte Sobeslaw II. mit vorliegendem Briefe die alten 
Freiheiten der Kolonie. Weitere Bestätigungen erfolgten durch Wenzel I. (1191 
bis 1192), premysl (Dttolar II> (1253—1278) und schließlich durch König Iohartn 
im Jahre 1319. 3n dieser Bestätigungsurkunde, die uns nicht mehr im Ori¬ 
ginal, wohl aber abschriftlich erhalten ist, findet sich der Sobeslarosche Freibrief 
wortgetreu eingeschaltet. Wie sich die deutsche Gemeinde späterhin vom poritsch 
(am rechten INoldauufer gelegen) aus über den übrigen Burgflecken ausbreitete, 
so auch ihre Rechte, die hier die Grundlage für die Verfassung der erstehenden 
Altstadt Prag abgaben. Näheres siehe st. 3i)cha, Prag. Ein Beitrag zur 
Rechtsgeschichte Böhmens am Beginne der Kolonisationszeit. 
1 v. f. 12 gewappnete Krieger. 2 Vas Vorhandensein dieser münze 
auf Prager Boden weist auf die seit alters bestehenden regen Handelsbeziehungen 
mit der vonaustadt hin. 3 v. s. französisch sprechende Flandrer, Wallonen. 
Sie sind als Kaufleute, im besonderen Tuchhändler, in vielen Städten des öst¬ 
lichen Kolonisationsgebietes nachweisbar.
	        
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