Full text: Die deutsche Urzeit (Teil 1)

gung von Arbeiten vornehmen, das Leib ged in ge der Bauern fest¬ 
setzen, die die Wirtschaft den Söhnen übergeben. Erst später übertrug 
sich der Name Ding von der Versammlung auf den von dieser verhandelten 
Gegenstand, und nun empfing Ding auch die Bedeutung von Gegenstand, 
Sache. 
4, Gerichlsorl. Das alte Gericht wurde nie anders als im Freien 
gehalten, unter offenem Himmel, im Wald, unter breitschattenden Bäumen, 
auf einer Anhöhe, neben einer Quelle; enge Wohnungen hätten die 
versammelte Menge nicht gefaßt, und die Ansicht des Heidentums ver¬ 
langte zur Gerichtshaltung heilige Örter, an welchen Opfer gebracht 
und Gottesurteile vorgenommen werden konnten. Jene Opfer tilgte der 
Christenglaube, er ließ aber die alten Gerichtsstätten ungestört. Wir 
können dabei noch bis in die spätere Zeit eine Vielheit von Plätzen auf¬ 
zählen, welche Sitte und Herkommen für die Haltung der Gerichte lange 
Jahrhunderte beibehielt. Dahin dürfen gezählt werden die Orte Drei¬ 
eichen, Viereichen, Fünfeichen, Siebeneichen, Siebenlinden. 
Der Name der Gerichtsversammlung mahal übertrug sich auch auf den 
Ort der Versammlung, so entstand die mahalstat, nhd. Mahlstatt, und 
der Name ist erhalten in Ortsnamen, z. B. Melle bei Osnabrück, Diet- 
melle bei Kassel, Detmold (ursprünglich Thiotmalli; thiot, diot = 
Volk) und im Mahlberg bei Ems. Unter Dach und Fach kamen die 
Gerichte erst seit den Tagen der Karlinger. 
5. Gerichlszeit. Gericht konnte nur zur Sonnenzeit abgehalten 
werden; keines wurde vor Sonnenausgang eröffnet, keines nach Sonnen¬ 
untergang geschlossen; Tag und Sonne waren geheiligt und heiligten wie 
alle Geschäfte so auch das Gericht; daher hieß das Gericht tagadmc, der 
bestimmte Termin tagafart, tagafrist. Aus tagadinc (= gerichtliche 
Verhandlung) ward tagedingen (ahd. tagadingon), d. h. vor Gericht ver¬ 
handeln, und daraus entstand über mhd. verteidingen unser nhd. verteidigen, 
b. H. zunächst vor Gericht jemand beistehen, dann sich wehren, sich ver¬ 
antworten. In dem Wort tagafart nahm taga die Bebentung von Ver¬ 
sammlung an uub hat sie bis heute in ben Wörtern Ärzte-, Juristen-, Philo- 
logentag, Reichstag, Lanbtag nnb tagen (versammeln uub beraten) bei¬ 
behalten. — Als Gerichtstag scheint man besonbers gern ben brüten Tag 
ber Woche gewählt zu haben, nnb manche wollen bah er auch seinen Namen 
ableiten, ba sich in mittel- unb niederdeutschen Quellen bie Form dinges- 
tag finbet. — Die Jahreszeit bet Gerichtsversammlung hing bavon ab, 
ob bas Ding ungeboten ober geboten war. Ungeboten kamen bie 
Dingmänner zwei- ober breimal jährlich zusammen, geboten, so oft es bie 
Not verlangte; baher bie Namen echtes Ding unb Notbing. Unsere 
Vorsahren scheinen bas Jahr nur in brei Zeiten eingeteilt zu haben
	        
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