Die deutsche Reichsverfassung unter den sächsischen und salischen Herrschern. 745
Sohne, wie es sogar noch der Sachsenspiegel, Lehnr. A. 21, § 3 bestimmt sagt:
it ne erft meman nen len wen die vader uppe den sone. 1 Sollten auch andere
Verwandten erbberechtigt sein, so wurde dies im Lehensvertrag ausdrücklich fest¬
gesetzt. Wenn keine entgegenstehenden Ansprüche Vorlagen, konnte der Lehens-
herr das Lehen auch an die Witwe des Vasallen oder deren zweiten Gatten ver¬
geben, doch hatten diese keinen Rechtsanspruch darauf.2 Die Nachfolge im Lehen
konnte immer nur ein Sohn beanspruchen, doch fand eine Teilung durch den
Es war nichts Seltenes, dafs Einer Vasall von mehreren Herren war. Die
Treue gegen die älteren Herren wurde zwar bei späteren Lehensverbindungen in
der Regel Vorbehalten, und die Verpflichtungen gegen den König sollten allen
anderen vorangehen. Aber es konnte nicht fehlen, dafs durch die sich mannig¬
fach kreuzenden Lehensverbindungen die Ordnung des Staates bedenklich erschüt¬
tert wurde (Waitz VI 2, g. 64). Zweifel konnten sich ^ ^ ^ ^
AitervasaUen neben oder gar über ihrem Senior auch dem Oberlehensherrn ver-
p ichtet waren. Persönliche Vorteile und Freundschaften haben hierin jedenfalls
öfter den Ausschlag gegeben als Eid und Rechtsherkommen. Nichts hat den poli¬
tischen Charakter der Nation mehr verdorben als dieses System, das private Be¬
ziehungen zur Grundlage des staatlichen Lebens machte.
Vielen Grundherrschaften brachte das Lehenswesen den Untergang. Um
mit möglichst zahlreicher Streitmacht in die politischen Händel eingreifen zu
können verschleuderten die Herren ihre Güter als Lehen. Die Vasallen thaten
ihr Lehen sehr oft wieder an zahlreiche Aftervasallen aus. Ein ergiebiger Land¬
wirtschaftsbetrieb wurde dadurch unmöglich. Die Vasallenscharen waren zu ihrer
Erhaltung auf den Krieg angewiesen, und wenn dieser ruhte, auf Raub. Das
waren die Elemente, die sich gegen Heinrich IV. erhoben, wovon dessen Bio-
giaph eine so treffende Schilderung giebt.3
Seit Otto dem Grofsen gewöhnte man sich, die Reichsämter als Lehen zu
, 6n’ 0°k £e-*ang es unserer Periode nicht, alle Grundsätze des Lehn-
rechts hier durchzusetzen. Namentlich das Erbrecht entwickelte sich im Reichs-
e lenswesen nur langsam. Noch Friedrich I. hat im Jahre 1158 die Erblichkeit
cler Reichsämter als usurpiert bezeichnet.4
Herrn wohl oft statt.
Lt j ui sien sina, erfahren wir nur wenig
es freie Herren, die ihren Grundbesitz
Von königlichen Vasallen, die nicht Fürsten sind, erfahr
1) Es erscheint selbst zweifelhaft, ob das Lehnrecht
Ünkel kennt. Homeyer S. 450ff. Sr-hr.1™ o
in unserer Periode ein Repräsentationsrecht der
189. Erb - und Familienrecht S. 34. Heusler
die Reichslehen siehe unten.