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Schwalbe wieder durch ihr Lied begrüßt, sind noch nicht alle
Ubel uberwunden. Schon das Sprichwort sagt: „Eine Schwalbe
macht noch keinen Sommer.“ Es deutet an, daß einzelne Schwalben
früher kommen, als es für sie gut ist. Tritt nämlich auf die ersten
Frũhlingstage wieder kaltes Vetter ein, so finden die voreiligen
Ankömmlinge keine Fliegen und muüssen verhungern. Uber die
wiederkehrenden Schwärme aber freuen wir uns, weil sie uns den
Fruhling mithringen, und jedermann sieht die Schwalben gern, ja der
Landmann ist froh, wenn sie ihre Nester an sein Haus bauen.
Wagner.
157. Die Schwalben rãächen sich.
Nicht weit von einer Pfütze stand ein Haus. Da baute seit
mehreren Tagen ein Schwalbenpaar. Sie arbeiteten vom Morgen
bis zum Abend, und das Nest war beinahe fertig. Schon trugen
sie VWolle, Heu, Moos und andere weiche Sachen hinein, und dann
wollten sie Eier legen und brüten.
Da kam ein Spatz, schaute ins Nest hinein, und es gefiel
ihm. Er setzte sich darauf und dachte: „Bis ich wieder gehe,
hat's Zeit.“ — Da kamen die Schwalben zurück. Wie erschraken
sie, als sie den fremden Gast in ihrer Wohnung fanden! Sie baten,
er möchte wieder hinausgehen. Der Spatz rührte sich nicht. Sie
baten noch einmal, aber der Dickkopf rührte kein Glied. Jetzt
baten sie den Unverschamten gar dringend, er möge ihnen ihr
Hauschen wieder geben. Der Sperling wich nicht von der Stelle.
Da flogen die Schwälbchen zurück und klagten ihr Unglũück
den Kameraden. Alle betrübten sich mit ihnen und sagten: „Wir
wollen euch rachen.“ Und in der Luft entstand ein Flattern und
Zwitschern. Zahlreiche Schwalben flogen von der Pfütze zum
Neste und von da wieder zur Pfütze. Eine jede brachte einen
Schnabel voll feuchter Erde und klebte sie an die Offnung des
Nestes. Und als der Abend kam, da war das Werk vollbracht.
Das Nest war zugemauert, und der Bösewicht mußte sein Vergehen
mit dem Leben bußen. Steinmanun.