Full text: Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare

13. Die Weltlage des Kiautschaugebietes. 
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verschiedener Natur zerlegen. Der eine, südliche, der größere, reicht nordwärts bis 
zum 30. Parallelgrad, der Bucht von Hangtschou. Er ist felsig und in reichstem Maße 
mit geräumigen und vortrefflich geschützten Buchten ausgestattet, doch eignen sich 
diese durchgängig nur wenig zur Vermittlung eines weitreichenden Verkehrs ins 
Innere; sie sind entweder in starker Versandung begriffen, oder es fehlt ihnen ein 
guter Zugang ins Innere: Gebirge umschränken sie im Hintergrunde, deren Ge- 
staltung es mit sich bringt, daß jeder dieser Häfen nur ein engbegrenztes Hinterland 
beherrscht. Die einzige Ausnahme bildet eben die Bucht von Kanton, da hier das 
weitverzweigte Wassersystem des Sikiang, des bedeutendsten Flusses von Südchina, 
einmündet und den Verkehr vom Meere her tief ins Innere tragen kann. 
Der zweite Abschnitt der chinesischen Meeresküste, nördlich vom 30. Parallel bis 
zum Golf von Liautung, ist überwiegend eine sandige Flachküste; einzig die Ufer der 
gegen Nordosten vorspringenden Halbinsel Schantuug sind felsig. Gleich im südlich- 
sten Bereich dieses zweiten Küstenabschnittes össnet sich das glänzendste aller Seetore 
Chinas, die Mündung des Mngtsekiang, der mit dem großartig entwickelten System 
seiner Nebenflüsse das ganze mittlere chinesische Reich erschließt. Nördlich von der 
Mngtsemünduug aber ändert sich die Sachlage völlig: der Flachstrand Nordchinas 
gehört zu den verschlossensten Küsten der Erde, die eine Verbindung mit dem Meere 
so gut wie ganz ausschließen. Zwar mündet innerhalb ihrer Erstreckung der zweit- 
größte Strom Chinas, der Hwangho, allein auch sein Ausfluß ist so stark verschlammt, 
daß nur unbedeutende Barken über die Barre hinweg verkehren können. Auch 
weiter auswärts ist er für die Schiffahrt nur in sehr geringem Maße brauchbar. Etwas 
besser ist die Mündung des Paiho, des Flusses von Tientsin. Auch hier liegt zwar eiue 
Barre vor, die zur Ebbezeit uur 3—4 Fuß, zuweilen noch weniger, tief ist; zur Flut- 
zeit aber hat sie 2—3 in und mehr Masser, und oberhalb davon bietet der Fluß dann 
eine Fahrtrinne von mindestens 6 in Tiefe bis nach Tientsin. Allein dieser Ort liegt 
doch nur 50 km vom Meere entfernt, oberhalb davon wird die Schiffahrt sehr bald 
völlig unbedeutend. Überdies ist diese Flußstraße jeden Winter für mehrere Monate 
durch Eis verschlossen. Somit gibt es nördlich des Mngtsekiang kein marines Ein- 
gangstor, das mit einem großen, allezeit schiffbaren Strom ins Innere in Verbindung 
steht. Ein solches würde ja stets den Vorzug haben: der Haupteingang für Südchina 
wird stets die Bucht von Kanton sein, und diese Stadt sowie das vorgelagerte Hong- 
kong werden dessen Handel zusammenfassen; der Haupteingang sür Mittelchina 
wird die Dangtsemündung bleiben, und hier werden Schanghai und andere Orte 
dieses Stromes, wie Tschingkiang und Hankon, nie aus dem Felde geschlagen werden 
können. Anders jedoch nördlich davon. Hier kann auch ein nicht mit einem großen 
Strom in Verbindung stehender Hafen ein wichtiges Eingangstor werden, da jener 
Wettbewerb fehlt. 
Die einzige Küstenstrecke nun, wo sich nördlich vom Mngtse allen Schiffen zu- 
gängliche, geräumige und geschützte Hafenbuchten finden, ist die Halbinsel Schantnng. 
Sie erscheinen hier sogleich, wo wiederum Gebirge an das Meer tritt, d. h. sast rings 
um die ganze Uferentwicklung herum, bis in die Gegend von Laitfchonfn, wo das 
Schwemmland der Großen Ebene beginnt. Es gibt ihrer eine ganze Anzahl; unter 
diesen ist aber die Kiautschoubucht weitaus geographisch am günstigsten ansge- 
stattet. Sie liegt am weitesten südwärts und damit dem Weltverkehr am nächsten, 
sie ist bei weitem die geräumigste, ist den größten Schiffen zu alleu Jahreszeiten zu- 
gänglich und vorzüglich zur Anlage eines Hafens ersten Ranges geeignet. Ferner 
liegt sie unter allen Buchten Schantnngs räumlich dem inneren China am nächsten, und
	        
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