Vierter Abschnitt.
1. Leipzig. — 2. Elbe. — '6. Hamburg. — 4. Bremerhaven.
1. Leipzig.
Vom Herausgeber.
Die Sachsen sind ein ruhiges, arbeitsames, indnstriöses und dabei an-
spruchsloses und mäßiges Völkchen, das, mit einem feinen Verstände
begabt und stets aufgeweckten Sinnes, mit vielem Glück nach den leiblichen
wie nach den geistigen Gütern dieses Lebens zu ringen weiß, und auch mit
vielem Geschick den Genuß beider verknüpft. Der meißnische'^) Sachse,
der das jetzige Königreich Sachsen einnimmt, ist, mit andern deutschen
Stämmen verglichen, von einer gewissen Weichheit, Biegsamkeit und Schmieg-
samkeit, die ihn vor manchen Extremen bewahrt; er hat nicht die tief-
gehende Gemüthsenergie des Schwaben, nicht die heitere Lebenslust und
derbere Natürlichkeit des Oesterreichers, auch nicht die Schärfe und Kühn-
heit des Preußen, aber er ist auch weniger einseitig als seine Brüder und
Vettern, erfreut sich einer Harmonie, eines Gleichmaaßes seiner Kräfte,
das ihn zum vermittelnden Bindegliede macht von Nord und Süd, Ost
und West. Der Sachse ist die Copula zwischen dem Oesterreicher und
Preußen, Bayern und Schwaben. Daß der meißnische Dialekt, wie er
sich im 15. Jahrhundert im südlichen Theil Obersachsens ausgebildet
hatte und in den Kanzleistil der sächsischen Fürsten übergegangen war,
zur Zeit der Reformation und vor Allem durch die meisterhafte Bibel-
Übersetzung Luther's zur Schriftsprache des ganzen gebildeten Deutschlands
erhoben wurde, war nicht zufällig, sondern Ergebniß eben seiner größern
Weichheit und Biegsamkeit. Alle Hauptrichtungen des deutschen Cultur-
lebens treffen wir im kleinen Sachsen vereint, und es ist, als ob es
seine Kraft in dem Maaße coneentrirt hätte, als unglückliche politische
Verhältnisse ein Stück nach dem andern von diesem Lande abgerissen
*) Von den zehu Kreisen, in welche man einst Deutschland theilte, hieß einer Ober-
sachsen; dies umfaßte aber Thüringen, Meißen, Brandenburg uud Pommeru.