Full text: Deutsche Kulturgeographie

VI. 
Deutschland als Kolonialmacht. 
35. Die geschichtliche Entwicklung des deutschen 
Kolonialbesitzes. 
Die Kolonisation ist stets ein mächtiger Faktor in der Ent- 
rvicklung der Völker und Staaten gewesen. Sie hat dauerndere 
Veränderungen als Eroberungen herbeigeführt. Die Kolonisations- 
Völker waren stets bestrebt, ihre jeweilige erreichte Kultur über 
die Erde zu verbreiten und damit der Welt einen Teil ihrer 
Ideen zu geben und die Welt Zugleich von sich abhängig zu 
machen. Denken wir nur an die Phönizier, Griechen und Römer. 
Die Griechen, das Kolonisationsvolk des klassischen Altertums, 
haben eine mehr als tausendjährige Weltherrschaft der griechischen 
Kultur begründet. Noch heute wirken griechische Kultureinflüsse 
nach. Als durch die Entdeckung Amerikas und Ostindiens das 
Schwergewicht des Weltverkehrs damaliger Zeit aus dem Mittel- 
meer herausrückte, traten westeuropäische Völker bald das Erbe 
der Italiener, Spanier und Portugiesen an. Die italienischen 
Städterepubliken, desgleichen die Hansa konnten als politische 
Handelsgesellschaften, denen Kolonisation fern lag, den An- 
forderungen der neuern Zeit nicht entsprechen; ihre Spuren waren 
schneller verwischt, da ihnen das Moment der Menschenverpflanzung 
fehlte (A. Supan). 
Die großen Entdeckungen des 15. und 16. Jahrhunderts 
schlugen in Deutschland geringe Wellen, weil die Religions- 
streitigkeiten die ganze Aufmerksamkeit und Kraft erforderten und 
den Sinn für Kolonisation von Neuländern erstickten. Wohl 
hatten weitblickende deutsche Handelshäuser auch an den Erwerb 
von Kolonialländern gedacht. Die Fugger versuchten Chile mit 
Deutschen zu besiedeln. Die Welser, die in Antwerpen große 
Niederlagen besaßen, wollten das heutige Venezuela hauptsächlich 
für Handelszwecke gewinnen; Karl V. hatte ihnen 1328 das Recht 
der Besiedelung von Coro gegeben. Ihre Feldhauptleute und 
Statthalter durchzogen Venezuela, zum Teil auch Kolumbien und 
drangen bis zum Gebiete des Amazonas vor. Aber nur auf 
20 Jahre konnten die Welser ihren Besitz behaupten, und 1555 
war von dieser ersten überseeischen deutschen Ansiedelung keine 
Spur mehr vorhanden.
	        
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