16 Blicke in die Vergangenheit. 
Da erhob sich, während Varus ein vergnügliches Lagerleben führte, 
ein Volksaufstand im östlichen Westfalen. Er war angeschürt durch 
die Verschworenen, um Varus südlicher in das unwegsame Gebirge 
zu lockert, und dieser, in stolzer Sicherheit selbst die Warnung des 
Verräters nicht achtend, ging mit seinen Legionen in die Falle. 
2. Bei seinem Auszuge geleiteten sogar mehrere deutsche Fürsten 
den römischen Feldherrn. Dann aber trennten sie sich von ihm 
unter dem Vorgeben, sie wollten ihm ihre Scharen zuführen. Anstatt 
dessen riefen sie daheim die Ihrigen zum Freiheitskampfe; von Gau 
zu Gau erscholl der Ruf und riß felbst die Gleichgiltigen mit sort. 
Sorglos zog indes das Römerheer durch einen furchtbaren Wald; 
da mußten erst Wege in das Dickicht gehauen und Gewässer über- 
brückt werden. Es war ein langer und langsamer Zug; viel Ge- 
päck, selbst Weiber und Kinder folgten. Ordnungslos zog alles da¬ 
hin. Ein anhaltender Regenstrom durchweichte den Boden, Roß und 
Mann glitten auf den schlüpfrigen Pfaden aus, schon herrschte all- 
gemeine Ermattung. Da plötzlich zeigen sich auf allen Seiten im 
Dickicht des Waldes feindliche Haufen; es erfolgen vereinzelte An- 
griffe, dann wird der Kamps allgemein. Mit Mühe erreichen die 
Römer eine freie Stelle. Die Angriffe lassen nach, es kann ein 
Lager zur Nachtruhe aufgeschlagen werden. — Varus merkt die 
Gefahr, in die er geraten ist; er läßt am nächsten Morgen einen 
großen Teil des Gepäcks verbrennen und wendet sich westwärts, 
um das feste Aliso an der Lippe zu erreichen. Aber noch ist erst 
der Osning zu übersteigen und alsdann eine moorgrnndige Ebene 
zu passieren. Die Legionen der Römer schließen sich sester an¬ 
einander; denn kaum haben sie das Gebirge betreten, so werden sie 
von neuem angegriffen und erreichen unter steten Kämpfen bis zum 
Tode ermüdet am Abend wieder einen freien Platz; doch kann die 
Befestigung des Lagers nicht beendet werden. Mit dem dritten 
Morgen wiederholen sich Regenströme und feindliche Angriffe. Die 
schwere Bewaffnung der Römer hindert sie aus dem Marsche, die 
Bogensehnen sind vom Regen erschlafft und versagen den Dienst. 
Unter großen Verlusten gelangt das bedrängte Heer weiter. Bald 
aber tritt ihnen die Hauptmacht der Deutschen entgegen, um den 
Feinden den Weg nach Aliso zu versperren. Zwischen Wald und 
Sumpf kommt es zum letzten Kampfe; die zum Tode erschöpften 
Römer unterliegen dem allgemeinen Angriffe: sie geraten in Un- 
ordnung, ihre Adler werden genommen; Varus, als er alles ver- 
loreu sieht, stürzt sich in sein Schwert; nur wenige des stolzen 
Heeres erreichen die bergende Feste. 
3. Die gefangenen Römer hatten ein trauriges Los. Die er- 
bitterteu Sieger kühlten an ihnen nach heidnischer Weise ihren Rache- 
durst. Die vornehmsten Hauptleute verbluteten an den Altären der 
Götter; die römischen Richter, gegen die sich vorzüglich die Wut 
der Deutschen kehrte, wurden unter grausamen Martern getötet, des 
Varus Leichnam wurde zerfleischt und ihm der Kopf abgehauen;
	        
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