Full text: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

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Stadiums mit Zuschauern, und wenn die Volksmenge beisammen war, dann 
traten durch einen verdeckten Gang auf der Westseite die Kämpfergruppen herein 
von den Kampfrichtern geführt, welche, durch Purpurgewänder ausgezeichnet, auf 
ihrem Ehrensitze Platz nahmen. Der Herold rief die Kämpfer vor die Schranken; 
sie wurden mit Namensaufrufe dem Volke vorgestellt; wer einen derselben seiner 
Sitten oder seiner Herkunft wegen für unwürdig hielt, um den Kranz des Zeus 
zu kämpfen, der konnte sich zur Anklage erheben, die von den Richtern sofort 
erledigt wurde. Dann traten die Kämpfer an die silberne, dem Zeus heilige 
Losurne heran, und einer nach dem andern nahm, nachdem er ein kurzes Gebet 
gesprochen hatte, eins der Lose hervor, welche nach gleichen Buchstaben die Paare 
oder Gruppen bestimmten. So viele der Gruppen da waren — denn es liefen 
immer vier mit einander — so oft wurde der Kampf erneuert, und da einer 
Sieger bleiben mußte, so traten, die in den verschiedenen Gruppen gesiegt hatten, 
zuletzt zum entscheidenden Preiskampfe zusammen. 
Nach Art des Wettlaufs wurden auch die anderen Wettkämpfe des Sta— 
diums eingeleitet und ausgeführt: der Sprung, in welchem Schwungkraft der 
Glieder und Entschlossenheit sich bewährte, der Ringkampf, durch welchen Männer 
wie Milon, der reiche Schüler des Pythagoras, ihren Ruhm durch alle Länder 
verbreiteten, ferner der rohere Faustkampf, der Wurf des Diskos und des 
Speers. In allen den genannten Gattungen der gymnastischen Übungen be— 
währte sich des Mannes eigene Kraft und Gewandtheit. Ihnen gegenüber standen 
die ritterlichen Spiele, wo man der Rosse Tüchtigkeit den Sieg verdankte— 
Wenn dieser Kampf dennoch alle anderen überstrahlte, so war es nicht sowohl 
die Rücksicht auf die Kunst des Wagenlenkers als vielmehr der Glanz des Reich— 
tums, die Pracht des Aufzuges, welche zu Gunsten dieser Kampfart entschieden. 
Hier zeigten sich nur die größeren Staaten, und überall galt es für eine Stufe 
hohen Erdenglücks, wenn es jemand vergönnt war, für den Wettkampf Vier— 
gespanne aufziehen zu können. Nur die Reichsten traten hier in die Schranken; 
die Könige von Syrakus und Kyrene sandten ihre Wagenlenker; hochfahrenden 
Jünglingen, wie dem Alkibiades, erschien nur der Sieg im Hippodrom als ein 
begehrungswürdiges Ziel. Zu diesem herrlichsten der Schauspiele füllten sich 
am vierten Festtage die langen Stufenreihen zu den Seiten der Rennbahn. Die 
Wagenstände wurden verlost; vor jedem Wagenstande war ein Seil gezogen, 
hinter welchem die Renner ungeduldig den Boden stampften. In der Nähe saß 
auf einem Altare ein eherner Adler, welcher, in die Luft steigend, den ersehnten 
Anfang des Spieles verkündete. Gleichzeitig senkte sich ein Delphin, der auf 
einem Querbalken lag, ein Sinnbild des reisigen Meergottes. Dies war das 
Zeichen für die Reiter und Wagenlenker; denn unmittelbar darauf wurden die 
Seile vor den Wagenständen fortgezogen. Nun tauchten die Gespanne paarweise 
vom Hintergrunde her vor den Augen des Volkes hervor und bildeten beim Be— 
ginne der Bahn eine prächtige, unaufhaltsam stürmende Wagenreihe. Es kam 
auf der breiten Bahn, welche ein Viergespann mit ausgewachsenen Rossen zwölf— 
mal durchmessen mußte, alles darauf an, einerseits die kürzesten Fahrten zu 
machen und möglichst nahe an der Zielsäule mit dem linkslaufenden Pferde 
herumzulenken, andererseits aber dem auf dieser Linie sich zusammenschiebenden
	        
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