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Gerichtsbehörde war das Hofgericht mit besonderer Hofgerichts-
ordnung V. 8. Nov. 1639. Zur schleunigen Beförderung und Ab-
kürznng der Prozesse wurden am 11. Okt. 1693 eine Prozeß-
ordnung und am 21. Dez. 1728 ein Justizreglement erlassen.-
Die Landverhältnisse wurden zuerst durch die Amts- und Hans-
ordnung v. I. 1615, das Polizeiwesen durch die Land- und
Polizeiordnung dess. Jahres geregelt; letzteres Gesetz wurde durch
eine Fenerordnnng v. 18. Sept. 1730 erweitert. (Der Kürze
halber sind die im folgenden oft erwähnte Amts- und Hausordnung
wie auch die Land- und Polizeiordnung mit A. H. O. bezw. L. P. O.
bezeichnet). — Diese Rechtsverhältnisse haben bis zum 1. Oktober
1879 bestaudeu (f. Kap. Staatsbürgerkunde). Bis dahin hatten
also die Amter Verwaltung und Rechtspflege (Justiz) zugleich wahr-
zunehmen und zwar als erste Instanz (Unterbehörde), abgesehen von
den Fällen der eximierten Gerichtsbarkeit (S. 209): Konsistorial-
angelegenheiten, eximierte Personen und Sachen, während die Justiz-
kanzlei die zweite Instanz gegen die Urteile der Amter war. Mit
obigem Zeitpunkte wurden Verwaltung und Justiz vollständig ge-
trennt, indem für Verwaltungssachen in erster Instanz die Landrats-
ämter, sür Justizsachen in erster Instanz die Amtsgerichte zuständig
wurden. — Eine Reihe von Verordnungen und Gesetzen regelte das
Kirchen- und Schulwesen (Kircheuorduuug 1560 u. 1614, das
Schulgehen der Kinder 16-19, 1653, Kirchen- und Schulzucht 1657,
Betrieb des Schulwesens 1681, Schulbesuch 1713, Laudschulordu.
1733, Schulordu. 1766, Landschulunterricht 1777, Seminar 1783,
Halbtagsschule 1807, Schulgesetz 1875), Militärdienst, Münz-,
Medizinalwesen und viele andere Fragen. So sorgte die Landes-
Herrschaft auf allen Gebieten, damit jeder seines Lebens froh
werden konnte.
Aus alten Verordnungen.
Die Fürsorge für die Erhaltung unserer Bauernhöfe ergibt sich aus
zahlreichen Verordnungen. Einige der wichtigsten seien hier mit ihrem wesent¬
lichsten Inhalte wiedergegeben: Keiner soll seinen Kindern mehr denn einen
landsittlichen Brautschatz mitgeben (landesüblichen), sonst könnten die Höfe
geschmälert und unserm gnädigen Herrn Schatz (Steuer) und Schulde davon
nicht gereicht, die Dienste nicht geleistet, noch den Gutsherren das Ihre gegeben
werden. Verträge, Testamente usw. über Bauerngüter sind nicht ohne
Wissen und Willen des Drosten und Amtmanns aufzurichten, damit die Höfe
bei Ehren und Würden bleiben (6. Juli 1577). — Unsere Amten sollen von den
Höfen, ohne allein in nötigen Fällen leibzuchtsweise, nichts erblich reißen oder
abteilen lassen (1594). — Wiederkäufliche Kornzinse sollen dergestalt gerin-
gert werden, daß von hundert Talern mehr nicht als drei Malter halb Roggen