414 Die Senne, das mittlere und untere Ruhrthal.
Wenn man die schiffbesäte Werfte, die ansehnlichste am ganzen Rhein, imHafen
„der Schiffe mastenreichen Wald" betrachtet, mag man „Ruhrort ein Miniatur-
bild jenes berühmten Emporiums an der Amstel, ein kleines Amsterdam" nennen.
In den niederländischen Freiheitskämpfen und im Dreißigjährigen Kriege
hielten sich in dem befestigten Ruhrort wiederholt spanische, niederländische und
schwedische Truppen auf. Neuerdings ist die Stadt ein bedeutender Stapelplatz
für den Schiffahrtsverkehr nach dem Oberrhein, nach den Niederlanden und
Belgien geworden. Besonders vermittelt es den Transport der Steinkohlen
aus dem niederrheinisch-westfälischen Bergbaudistrikt und die Zufuhr von Erzen
nach den Hüttenwerken dieses Bezirks. Hand in Hand gehend mit der immer
wachsenden Industrie, sind denn auch die seit 1822 begonnenen Hafenanlagen
mit ihren Docks in den letzten Dezennien bedeutend erweitert worden. Strahlen-
förmig laufen daher von allen Seiten auch die Schienenradien der bergisch-
märkischen und Köln-Mindener Eisenbahn mit ihren Gütermassen von und
nach diesem Knotenpunkt. „Im Jahre 1877 betrug allein die Kohlenmenge,
welche von Ruhrort auf dem Rhein zu Berg und Thal Verfahren wurde, nahezu
1400 Millionen kg. Am Eingange des reichbelebten Hafens steht ein Denk-
mal des um die Ruhrschiffahrt hochverdienten westfälischen Oberpräsidenten
v. Vincke, eine Granitsäule mit einer die Schiffahrt darstellenden weiblichen
Figur. Sehen wir denn noch aus ungefähr 20 Hochöfen die rothen Flammen
herausschlagen, so werden wir daran erinnert, daß wir so recht im „eisernen
Zeitalter" leben. Mögen auch die Dichter sich in ihren Träumen in jene gol-
dene Zeit der Unschuld und Glückseligkeit zurücksehnen, die in Wirklichkeit nie
existirt hat, es sei denn im Paradiese: uns frommen diese sentimentalen Klagen
heutzutage nicht, in jener harten Zeit, wo wir den Kampf ums Dasein kämpfen,
wo die Krupp'schen Riesenkanonen und Höllenmaschinen die deutschen Grenz-
marken vor der Beutegier des welschen Nachbars schützen mußten.
„Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte,
D'rum gab er Säbel, Schwert und Spieß dem Mann in seine Rechte!"
singt der alte Vater Arndt. Darum sei du uns zum Abschiede gepriesen, du
biederes Westfalenland, daß du so kräftige Männer und so wirksame Waffen
zum Schutze des Vaterlandes stellst.
„Westfalenland! Wie bist dn hoch zu preisen!
In deinen Hütten wohnt noch deutsche Treu',
In deinem Schöße wächst das freie Eisen,
In deinen Wäldern starb die Sklaverei! —
Hier, auf des Berges Felsenhaupt, dem greisen,
Hebt meine Brust sich wieder froh und frei;
In dieses graue Kirchlein will ich treten,
Um hier fürs deutsche Vaterland zu beten." —
Ende dieses Bandes.
\