Full text: Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel (Bd. 8)

Die Betscher Gauner. 435 
Trotz der größten Vorsicht, die von den Behörden beobachtet wurde, 
hatten die Diebe Nachricht bekommen von dem Streiche, den man gegen sie vor- 
hatte, und wären die Beamten nur 24 Stunden später erschienen, so hätten 
sie das ganze Nest leer gefunden, denn der nächstfolgende Tag war von allen 
Gaunern in Betsche zur gemeinschaftlichen Flucht bereits festgesetzt worden, 
wie sie dies später selbst gestanden haben. Die Kommissarien trafen am 
21. Januar früh um 4 Uhr mit Gendarmen und zuverlässigen Meseritzer 
Bürgern in Betsche ein, sämtliche Häuser, in denen zu verhastende Ver- 
brecher wohnten, wurden in aller Stille mit Zuziehung des herbeigekommenen 
Bürgermeisters umstellt, vorläufig jeder Einwohner, der sich auf der Straße 
sehen ließ, festgenommen zur Verhütung von Verdunkelungen der Thatsachen, 
dann wurden die Verhaftungen der Diebe vorgenommen. Es wurde ans Fenster 
gepocht. Die Leute, welche noch im tiefsten Schlafe lagen, erwachten, fragten, 
wer da sei, und der Bürgermeister sagte dann, es solle geöffnet werden, er habe 
eine schleunige Mitteilung zu machen. Der Schlaftrunkene öffnete alsbald Thür 
oder Fenster und wurde von den Gendarmen ergriffen und gefesselt. So ging es 
von Haus zu Haus. Die unternehmendsten Verbrecher wurden gefaßt, nicht 
einem einzigen Gauner gelang das Entkommen. Alle Verhafteten wurden am 
nächstfolgenden Tage geschlossen nach Berlin abgeführt. In derselben Nacht 
erfolgten auch Verhaftungen in andern Orten der Provinz Posen, wie in 
Rostarczewo, Rackwitz, Bentschen, Schermeisel, Grätz und andern Städten „Es 
gewährte im Monat Januar und Februar eiueu eignen Anblick, täglich die 
Transporte jener berüchtigten, oft ergrauten Übelthäter durch die Straßen 
Berlins kommen zu sehen, die, auf Bauernwagen geschlossen, mit finsterem Trotze 
in den verdächtigen bärtigen Gesichtern ihrem Verhängnisse entgegenfuhren, 
das sie sich denn freilich wohl so schwer nicht vorstellen mochten, wie es sich 
doch in der That für sie gestalten sollte." Da sich die Diebesbande weit über 
das Posensche Gebiet hinaus ausgedehnt hatte, mußten auch in andern Pro- 
vinzen Verhaftungen vorgenommen werden. Zu Anfang des Monats Juni 
waren im Posenschen 59, im Regierungsbezirk Frankfurt a. O. 22. im ganzen 
also 81 Personen verhaftet. Durch die Haussuchungen, die sich den Verhaftungen 
anschlössen, waren ungefähr 12 000 Thaler in Beschlag genommen und Sachen 
im Werte von einigen tausend Thalern mit Beschlag belegt worden. Infolge 
der Eingeständnisse wurde die Ausdehnung der Untersuchung beispiellos. Bald 
waren 197 Menschen zur Haft gezogen, andre verdächtige Personen mußten 
auf freiem Fuße gelassen werden, weil es an ausreichendem Gesängnisraume 
mangelte. Dazu kam, daß die Untersuchung dem Staate in wenigen Monaten 
schon 11 000 Thaler gekostet hatte, die Kosten also bei noch größerer Aus- 
dehnnng der Angelegenheit unerschwinglich werden mußten. Als daher im 
Sommer 1834 der Abschluß der Untersuchung erfolgte, ohne daß alle Ver- 
dächtige verhaftet waren, fanden sich in dieselbe verwickelt 520 Personen, von 
denen nur 204 zur Untersuchung gezogen waren. So wurden viele sehr ge- 
fährliche Diebe und Diebeshehler aus längere oder kürzere Zeit für die mensch- 
liche Gesellschaft unschädlich gemacht. „Der größte Teil der in die Untersuchung 
verflochtenen Individuen", sagt Thiele in dem bereits angeführten Buche, „ge- 
hört der Klasse jener unverbesserlichen Gauner an, die, den Gesetzen aller Länder 
hohnsprechend, keinen andern Lebenszweck kennen als die Vermögensbeschädigung, 
28*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.