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Wilken: Der Kirchentag zu Clermont.
habe leider Seelenangst und Gewissenszweifel nicht geachtet, wo es eure
und des Reiches Ehre galt. Und nun setzt ihr mich, den ersten, treuesten
Reichsstand, einem Abte, den Erzbischof einem Mönche nach, welcher, ohne
eures höheren Schutzes sicher zu sein, schwerlich bis zu solcher Anmaßung
gekommen wäre." — Lebhaft über diese Rede bewegt, stand der Kaiser
auf und hob die Hand in die Höhe, um mit einem leiblichen Eide seine
Unschuld zu beschwören; da rief aber der Erzbischof, des Kaisers Wort
gelte ihm als Eid. Hiemit war, denn der Abt mußte zurücktreten,
die Ruhe glücklich wieder hergestellt. Am folgenden Tage zeigten König
Heinrich und Herzog Friedrich ihre Tüchtigkeit in allen ritterlichen
Übungen und wurden dann unter Beobachtung jeder Feierlichkeit zu
Rittern geschlagen. — Zufriedener hatten Fürsten und Volk nie einen
Reichstag verlassen, Kindern und Kindeskindern erzählte man von den
unvergleichlichen Festen in Mainz, und selbst bis auf unsere Zeiten sind
Lieder gekommen, welche diese Zaubertage verherrlichen.
10. Der Kirchentag zu Clermont. (1185.)
Wilken, Geschichte der Kreuzzüge.
Vergl. die Gedichte Nr. 11: Die Kreuzzüge von Geibel; Nr. 12: Der
Kampf mit dem Drachen und Nr. 13: Die Johanniter von Schiller.
Schon auf der Kirchenversammlung zu Piacenza schwur eine große
Menge, nach Konstantinopel zu ziehen, um mit dem Kaiser der Römer
wider die Feinde der Christenheit zu fechten. Aber die Vollendung behielt
Urban einem glänzenden Konzile vor. Nachdem er zu Vercelli die
italienischen Geistlichen zur Beförderung der Reise nach dem Grabe des
Herrn aufgefordert, begab er sich über die Alpen nach Frankreich.
Denn Frankreich war das Land, wo von jeher der größte Eifer für das
heilige Land gewesen, und sein ungehorsamer König Philipp konnte
am leichtesten gedemütigt werden, wenn seine getreusten und mächtigsten
Anhänger auf andere Weise beschäftigt und ihm entzogen wurden;
Frankreich sollte also der Schauplatz dieser Verhandlungen sein. Nachdem
auf Provinzialverfammlungen zu Puy und an anderen Orten die
Geistlichkeit vorbereitet war, wurden auf den achten Tag nach dem Feste
des heil. Martin die Geistlichen und Laien zum allgemeinen Konzil nach
Clermont in Auvergne berufen. Urban bereitete alles zu dieser
Kirchenversammlung so vor, daß sie eine der glänzendsten werden mußte.
Den Geistlichen ward bei Verlust ihrer Pftünde geboten zu erscheinen
und den Bischöfen insbesondere aufgegeben, die weltlichen Herren in ihrer
Diöcese*) zu bewegen, daß sie sich auf dem Konzil einfänden. Ganz
Frankreich war auch schon durch Peter so für die heilige Unternehmung
eingenommen, daß außer vierzehn Erzbischöfen, 225 Bischöfen, 400 Äbten
und vielen geringern Geistlichen die Anzahl der Laien unzählbar war.
Nachdem die andern Angelegenheiten der Kirche, welche die Auf¬
merksamkeit des päpstlichen Stuhls erforderten, verhandelt, der Gottes-
frieden von neuem eingeschärft und der Bannstrahl feierlich gegen den
*) Der Sprengel.
Deutsches Lesebuch f. h. Lehranst. IV. Teil. (Tertia.)
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