Full text: Theorie und Praxis der Heimatkunde

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Er leitete eine größere wissenschaftliche Zeitschrift, die von Lehrern viel 
gelesen wurde, schrieb überaus lehrreiche Bücher und hielt in Versamm¬ 
lungen fesselnde Vorträge. Nur zu gern lauschten die deutschen Lehrer 
seinen begeisternden Worten. Leider wurde er in den letzten Lebens¬ 
jahren oft durch schwere Krankheit an der Arbeit gehindert. Trotz der 
aufopferndsten Pflege der Seinen verschied er am 5. Mai 1896 auf 
seinem stillen Landsitze bei Wien. In Wien hat man dem wackeren 
Kämpen für Lehrerehre und Lehrerrecht ein herrliches Denkmal errichtet,- 
aber auch das heimische spiegelt sein ganzes Wesen getreulich wieder. 
Fest wie Granit war sein Charakter, eine an Entsagungen reiche 
Kindheit, eine Jugend unter Mühe und Arbeit, fortgesetzte Kämpfe mit 
scharfen Gegnern hatten ihn gehärtet. Aus Erz ist seine Büste ge¬ 
gossen,- schmiegen und biegen gab es bei ihm nicht. Der Künstler hat 
unsern Dittes schlicht und prunklos dargestellt,- denn Schlichtheit und 
Einfachheit kennzeichnete sein ganzes Wesen. Er bewahrte diese Eigen¬ 
schaften in allen seinen Stellungen, weil er sich stets seiner einfachen 
Herkunft bewußt war. Obwohl das Gesicht des Lebens Emst wider¬ 
spiegelt, so leuchten doch aus den Augen die Liebe und Milde, mit denen er 
seinen Freunden und Schülern begegnete. Die hohe Stirn läßt uns 
den geistvollen Denker erkennen, und das unbedeckte freie Haupt zeigt 
den Kämpfer für die Freiheit des Geistes, der nicht rastet und ruht, 
sondern unermüdlich dem Lichte der Wahrheit zustrebt. Jst's doch, als 
öffne er die Lippen und rufe uns den Wahlspruch seines Lebens mahnend 
zu: „Nicht abwärts und rückwärts, sondern aufwärts und vorwärts!" 
Vetter lein, Niederhaßlau. 
B. Die Natur der Heimat. 
(Fortbildungsschule.) 
24. Der Feldrain. 
Den wogenden Saatfeldern gegenüber gewähren die Feldraine einen 
dürftigen Anblick, geringschätzig bezeichnet sie der Landwirt als Ränder, 
und mancher sieht sie als eine Schmälerung seines Ackerbodens an. Dem 
sinnigen Naturfreunde aber, der auf ihnen ausruht von seiner Wande¬ 
rung, bereitet auch dieses bescheidene Stückchen Erde Freude an der 
Natur und bietet ihm Gelegenheit zu interessanten Beobachtungen. Die 
tiefe Stille, die anfangs den Ruhenden umgibt, wird plötzlich unter¬ 
brochen durch das Zirpen einer Grille, welche ihren eintönigen Gesang 
durch emsiges Reiben der Beine an den Flügeldecken hervorbringt. Ihn 
begleitet der tiefe Baß einer Hummel, die von Blume zu Blume summt
	        
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