Full text: Deutschlands Kolonien

218 Der Bismarckarchipel und die Salomonen. 
kann, andere aber davon profitieren. Wir haben schon gesehen, wie bei 
dem Tode eines Neichen die Zahl der Leidtragenden in genauem Ver¬ 
hältnis steht zu der Menge Dimarra, die nach altem Brauche zur Ver¬ 
teilung kommt. Man kann unter den Kanälen daher mit mehr Recht von 
vergnügten Leidtragenden als von lachenden Erben reden. War der Ver¬ 
storbene ein Mann von Rang und Einfluß, so ist sein Leichenbegängnis 
mit nicht geringer Ceremonie verknüpft. Der Körper wird in ein Canoe 
gelegt und diests etwa vier Fuß über dem Boden auf aufrecht stehenden 
Pfählen befestigt. In den Boden des Canoes wird in der Mitte ein 
Loch gebrochen, von welchem ein zur Röhre ausgebohrtes Bambus bis 
in eine ungefähr einen Fuß tiefe Grube in die Erde führt. Diese Röhre 
soll alle flüssigen Verwesungsprodukte in die Erde leiten. In dem Canoe 
verbleibt der Körper, bis alle verweslichen Teile vollkommen verschwunden 
und nur die Knochen übrig geblieben sind. Diese werden dann festlich 
begraben, aus der Stelle einige bunte Crotons gepflanzt und solche 
Gegenstände niedergelegt, die der Verstorbene wert hielt. Sein Schädel 
wird im Tambuhause aufgehängt, damit sein Geist in der Nähe des 
Dorfes weile und sich überzeuge, daß sein Andenken in Ehren gehalten 
wird. Die Weiber des Verstorbenen haben harte Bedingungen zn er¬ 
füllen. Ehe der Leichnam in das Canoe gelegt wird, verbleibt er mehrere 
Tage in dem Hause, welches er bei Lebzeiten bewohnte. Hier haben ihm 
seine Frauen eine Zeitlang Gesellschaft zn leisten, und niemand darf 
währeud dessen das Haus betreten. Den Frauen wird ihre Nahrung 
hineingereicht, ihre Exkremente geben sie in dazu bestimmten Kokosnu߬ 
schalen heraus. Man vermag sich kaum vvrzustellen, was es zu bedeuten 
hat, in einem tropischen Klima tagelang mit einem Leichnam eingesperrt 
zn sein; dennoch hört man nichts von Erkrankungen der dazu Verurteilten, 
vermutlich, weil keine ansteckende Krankheiten hier Vorkommen. Auf die 
Umgebung wirkt das Canoe, in welches später der Leichnam gelegt wird, 
verpestend. Ein Missionar hatte darunter zu leiden, daß gerade vor 
seinem Hause ein solcher Canoesarg aufgestellt wurde, wo der Verfasser 
ihn selbst sah. Erst die Zahlung von 100 Faden Diwarra, also ein 
Wert von etwa 200 Mark, vermochte die Angehörigen, das Canoe an 
einen anderen Ort zn bringen. Ein weniger bedeutender Mann wird in 
seinem eigenen Hause begraben. Der Erdboden wird aufgewühlt und 
der Körper ohne Hinzufügnng irgend welcher Gegenstände lang ausge- 
streckt hineingelegt. Die Frauen müssen nun das Haus weiter bewohnen, 
ihr Hauswesen aus dem frischen Grabe des Verstorbenen weiter führen. 
Die Effluvien sind natürlich entsetzlich, allein das scheint die Hinter¬ 
bliebenen nicht zu belästigen, auch habe ich keinen Fall seststellen können, 
in welchem durch das Leben in unmittelbarer Umgebung einer verwesenden 
Leiche die Gesundheit der so Betroffenen gefährdet worden wäre. Vielleicht 
sangt der poröse Korallenboden alle Feuchtigkeit so rasch ans, daß sich
	        
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