Full text: [Enthaltend Denkwürdigkeiten und Lebensbeschreibungen aus der neuern und neuesten Geschichte] (Theil 4)

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„Die Ablaßprediger irren, die da sagen, daß der Mensch 
durch des Papstes Ablaß von allen Sündenstrasen ledig und selig 
werde." — „Die predigen den Menschen Tand, die da vorgeben, 
daß die Seele, sobald der Groschen, in den Kasten geworfen, klingt, 
von Stnnd an ans dem Fegefeuer fahrest^ 
„Die werden sammt ihren Meistern zur Hölle fahren, die da 
vermeinen, durch Ablaßbriefe ihrer Seligkeit gewiß zu sein." 
Zugleich ließ Luther auch eine Predigt gegen den Ablaß drucken. 
Die 05 Sätze nebst der Predigt machten ungemeines Aussehen und 
durchflogen, oft übersetzt, abgeschrieben und gedruckt, schnell einen 
großen Theil Deutschlands, gleichsam als wären die Engel selbst 
Botenläuser gewesen und trügen's für aller Menschen „Augen", 
schreibt ein Mann jener Zeit. 
Nur auf Tezel und seine Anhänger konnte dieser Schritt 
Luthers, den Mehrere bewunderten, Andere für zwecklos hielten, 
keinen angenehmen Eindruck machen. „Mein leeve Broder Merten", 
soll sich ein westphälischer Mönch geäußert haben, „wo du dat 
Fegefür un die Papenmarketendery wegschlndern kannst, bist du 
vorwahr ein groter Herre." 
Luthers muthiger Schritt, dessen unermeßliche Folgen er 
freilich damals noch nicht ahnen konnte, war die erste öffentliche 
Erklärung gegen eine allgemein anerkannte Lehre der Kirche. Es 
ist somit der 31 fte October des Jahres 1517 als der Anfang 
der Reformation oder Kirchenverbesserung zu betrachten. 
Im Jahre 1817 wurde am 31sten October und dem folgenden 
Tage das dritte Reformations-Jubelfest in allen evan¬ 
gelischen Ländern sehr feierlich begangen, weil damals gerade 300 
Jahre seit dem Anfänge der Reformation verflossen waren. 
Mit dem 31sten Oct. 1517 hatte der bescheidene, fromme und 
demüthige Luther den offenen Schauplatz der Welt betreten, den 
er nun nicht mehr verlassen sollte. Interessant, wenn auch nicht 
erhebend, ist die Wirksamkeit Tezels in Berlin, wie solche Ferdi¬ 
nand Schmidt in seiner „Geschichte Preußens" mittheilt. 
Tezel in Berlin. 
Ehe noch Luther seine 95 Sätze an die Schloßkirche zu Wit¬ 
tenberg angeschlagen hatte, kam Tezel, der unverschämteste der
	        
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