Heinrich'- IV. Kampf mit den Sachsen.
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scn und crtheilte hier mit schwerem Herzen den Befehl zur Zerstörung
seiner festen Schlösser. Auch die Festungswerke seiner geliebten Harz-
bürg wurden abgetragen, die inneren Gebäude dagegen, die Kirche und
das Closter, sollten verschont bleiben. Aber kaum hatte Heinrich sene
Gegend verlassen, um an den Rhein zurückzukehren, als die Sachsen
in großer Anzahl ergrimmt über die Harzburg herfielen, die noch ste¬
henden Gebäude niederrissen, die Kirche anzündeten, die Altäre zer¬
trümmerten, die Kirchenschätze raubten und selbst die Gebeine von Hein»
rich's Bruder und Sohn aus ihrer Ruhestätte rissen und umherstreuetcn.
11. Diese Frevelthal erfüllte nicht nur den König, sondern auch
viele seiner Gegner mit Zorn und Abscheu und viele Fürsten, selbst
solche, die bisher ihm feindlich gegenüber gestanden hatten, gaben das
Versprechen, ihm gegen die Sachsen Beistand zu leisten und bald war
ein ansehnliches Heer um ihn versammelt. Die Sachsen sahen die
Gefahr, erboten sich zu allem Billigen und wollten die Harzburg wie¬
der Herstellen; allein Heinrich hatte ihr Verderben beschlossen; er überfiel
sie bec Hoheburg nicht weit von Langensalza (9. Juni 1075) und
brachte sie nach einer mörderischen Schlacht zum Welchen. D.e säch¬
sischen Herren flohen ans ihren Rossen davon, das Fußvolk wurde
schaarenweise niedergemetzelt.
12. Heinrich verwüstete nach diesem Siege Thüringen und einen
Theil Sachsens mit Feuer und Schwert uub begab sich dann nach
WormS, um bald durch einen neuen Feldzug diè Sachsen völlig zur
Unterwerfung zu bringen. Allein die meisten Fürsten versagten ihm
ihre Hülse und er hielt es daher für rathsam, auf's neue mit den
Sachsen zu unterhandeln. Diese versprachen, sich zu unterwerfen,
nachdem er ihnen Leben, Freiheut und Güter zugesichert hatte. Als
nun aber die sächsischen Großen, geistlichen und weltlichen Standes,
vor Heinrich erschienen, ließ er dieselben gegen se.n Versprechen ver¬
haften und in verschiedene Gegenden des Reiches als Gefangene ab-
sühren, während er ihre Güter und Lehen seinen Anhängern gab. Da¬
durch glaubte Heinrich die völlige Unterwerfung der Sachsen erreicht
zu haben, aber er täuschte sich sehr; denn eben jetzt begann für ihn
eine Zeit der schwierigsten Verwickelungen und härtesten Kämpfe. Das
schwer gedrückte und bitter getäuschte Volk der Sachsen wandte sich
klagend an den Papst Gregor VH. und gab dadurch diesem gewaltigen
Alaune Gelegenheit, in die Verhältnisse des deutschen Reiches mächtig
einzugreifen.
§. 66. Heinrich IV. im Streite mit Gregor VII.
1. Gregor VII., welcher, ehe er Papst wurde, Hildebrand hieß,
war in Saona in Toscana geboren und stammte aus einer angesehe¬
nen Familie. Seine Ausbildung hatte er in Rom erhaltenz später
war er in den Cluniaeenscr-Orden getreten. Schon früh hatte er sich
durch seltene Geistesgaben und Reinheit der Sitten, sowie durch Klug¬
heit und Gelehrsamkeit in hohem Grade ausgezeichnet. Nachdem ihn
Papst Leo IX. mit sich nach Nom genommen, war er Leo's IX. und
der vier folgenden Päpste vornehmster Rathgeber gewesen und hatte
als Archidiaconus und Canzler der römischen Kirche eine sehr bedeu¬
tende Thätigkeit, namentlich unter Nicolaus II., entwickelt, unter wel»
chcm auf einer Kirchenversammlung zu Rom (1059) festgesetzt wurde,
daß in Zukunft der Papst von den Cardinälen gewählt werde, der