Rom unter den Königen
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Romulus und Remus, welche Amulius in bet Wildniß am Tiberfluß
aussetzen ließ, damit sie umkommen sollten. Sie wurden aber von einer
Wölfin gesäugt, von dem Hirten Faufinlus gefunden, nach Hause genommen
und erzogen. Sie wuchsen zu füllten Jünglingen heran und als sie ihre
Abstammung erfuhren, erschlugen sie den Amulius und setzten ihren Gro߬
vater Numitor wieder auf den Thron. Er überließ ihnen die Gegend,
wo sie als Kinder waren ausgesetzt worden, und hier erbauten sie auf dem
palatinischen Hügel eine kleine Stadt, welcher sie den Namen Rom
gaben. In dem Streite über den Vorrang erschlug Nomulus den Remus,
weil derselbe über die niedere Stadtmauer spottete, und wurde der erste
König der Römer.
Roumlns.
Die Sage erzählt weiter: Romulus machte seine menschenarme
Stadt zu einem Aiyl für Flüchtlinge aus den benachbarten Völkerschaften,
daher konnte der Ruf der Bürger Roms nicht der beste sein, und weiger¬
ten sich die Nachbarn ihre Töchter nach Nom zu verheiraten. Da ver¬
anstaltete Romulus Festspiele, zu welchen auf seine Einladung die Be¬
wohner der benachbarten Städte nach Nom kamen; als aber aller Auf¬
merksamkeit auf die Kampfspiele gerichtet war, raubten die jungen
Römer auf ein gegebenes Zeichen die schaulustigen Töchter. Des¬
wegen entstand Krieg; Romulus besiegte die Bürgerschaften der kleinern
Städte, die einzeln augriffeu, und verpflanzte sie nach Nom. Den ge¬
fährlichen Kampf mit den Sabinern verhinderten die geraubten Sabi¬
nerinnen, indem sie bittend zwischen die Schlachtreihen der Sabiner und
Römer traten. Ein Theil der Sabiner übersiedelte nach Rom
und baute sich Häuser auf dem quirinalischeu Hügel, so daß die
Macht der jungen LKadt sich verdoppelte.
Romulus theilte das römische Volk in drei Tribus und jede Tri¬
bus in zehn Curien. Die Tribus stellte 1000 Fußgänger und 100
Reiter, das Heer des Romulus bestand demnach aus 3300 Mann. Dem
Stande nach war das römische Volk in Patricier (Edle) und Plebejer
(Gemeine) eiugetheilt. Die Patricier (Patricii, Patres) schieden sich
in Geschlechter (gentes), deren zehn eine Curie bildeten. Aus ihnen
erwählte der König den aus 200 Mitgliedern bestehenden Rath (8e-
natns), mit welchem er über alle wichtigen Angelegenheiten verhandelte.
Die Bürgerversammlung (comitia) bestand aus den nach Curien
aufgestellten Patriciern (eoinitia curiata).
Der König vereinigte in seiner Person die Würde des Oberprie¬
sters, Feldherrn und Richters. Er trug einen Purpurmantel, einen
elfenbeinernen Scepter mit einem Adler auf der Spitze und einen Kranz
von goldnem Eichenlaub. Vor ihm her schritten zwölf Lictoren (Gerichts¬
diener), deren jeder einen Bündel Ruthen, aus deren Mitte ein Beil her¬
vorragte, in dem Arme trug, zum Zeichen, daß der König als Richter
körperliche Züchtigung und die Todesstrafe zu verhängen das Recht habe.
Romulus, als (Lohn des Gottes Mars, starb nicht wie ein anderes
gewöhnliches Menschenkind, sondern wurde während eines Gewittersturmes
in den Himmel unter die Götter entrückt; er erschien nachts einem Römer
und befahl ihm, dem Volke zu sagen, Romulus verlange, daß er unter
dem Namen Quirinus als Schutzgott der Römer, deren Ehrenname Qui¬
rlten lautete, verehrt werde.