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Berathung zu pflegen. Hier schon begann der Streit über eine sehr ge¬
ringfügige Ursache. Es war hergebrachte Sitte, daß der Kaiser, wenn er
nach Rom zur Krönung kam, dem entgegenreitenden Papste beim Absteigen
den Steigbügel hielt; Friedrich that dieses zwar, hielt aber unglücklicher
Weise den linken statt des rechten Steigbügels. Hadrian verweigerte ihm
deshalb den üblichen Friedenskuß mit den Worten: „Weil Du mir die
schuldige Ehre nicht bezeigt hast, die Deine Vorfahren, die rechtgläubigen
Kaiser, unseren Vorfahren, den römischen Päpsten, aus Ehrerbietung gegen
die Apostel Petrus und Paulus erzeigt haben, so gebe ich Dir nicht den
Friedenskuß, bis Du mir Genngthuung leistest." Friedrich's Entschuldi¬
gung, daß er den Fehler aus Versehen, nicht aus Uebelwollen und, „der
Dienste eines Stallknechtes unerfahren," begangen habe, fruchtete wenig.
Er bequemte sich endlich, die Ceremonie auf die richtige Weise zu wieder¬
holen. So groß war die Ehrfurcht vor dem Priesterthume, daß Niemand
dabei an eine Erniedrigung des Kaisers dachte.
Jetzt erst begannen die Unterhandlungen. Es kamen Abgesandte der
Römer zu Friedrich; sie versprachen ihm die Krönung, forderten jedoch die
Anerkennung ihrer alten Gewohnheitsrechte und bisherigen Einrichtungen
und ein Geschenk von 5000 Pfund Silber als Bedingung ihrer Unter¬
werfung. Friedrich antwortete den Gesandten zürnend: „Mit Erstaunen
vernehmen wir Euere abgeschmackten Reden, in welchen Ihr von der ehe¬
maligen Würde und Herrlichkeit Roms redet, als ob Ihr nicht wüßtet,
daß nicht blos römische Herrschaft, sondern auch römische Tugend an die
Deutschen übergegangen sind. Darum regieren Euch deutsche Könige,
darum rathschlagen für Euch die Fürsten, darum kämpfen für Euch deut¬
sche Ritter. Ich komme nicht, von Euch zu empfangen, sondern um Euch
zu retten, weil Ihr in Euerer wilden Zwietracht zu Grunde geht." So
sandte er die erschrockenen Abgeordneten zurück. Schon in der folgenden
Nacht ward Rom von den deutschen Truppen eingenommen. Tags darauf
kam Friedrich selbst in die Stadt, wo er von Hadrian IV. zum römi¬
schen Kaiser gekrönt wurde. „So hätten wir," sprach der neue Kaiser,
„das Verlangen der Römer erfüllt und auf deutsche Weise das Kaiser¬
thum erkauft."
Jndeß wollte das römische Volk sich noch nicht beruhigen; die Menge
derjenigen war groß, welche völlige Freiheit und Unabhängigkeit, sowohl
von der kaiserlichen als auch von der päpstlichen Herrschaft zu erstreben
suchten. Die Unzufriedenen rotteten sich zusammen und überfielen das
deutsche ^ Lager, wurden aber nach einem blutigen Gefechte durch Herzog
Heinrich den Löwen zurückgeschlagen. Friedrich konnte die völlige
Ordnung der Verhältnisse nicht zu Stande bringen, da seine Gegenwart
in Deutschland dringend nothwendig geworden war. Ans seinem Rückzuge
sperrten ihm die Veroneser den Weg nach Tyrol. Im wilden Etschthale,
an der schmälsten Stelle des Weges, wo nur ein kleiner Fußpfad neben
dem Flusse blieb, stmid unter überhängenden Felsen eine kleine, aber feste
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