Full text: [Geschichte des Alterthums] (Theil 1)

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waren, hieß Decius seine Leute ein Feldgeschrei erheben, und versetzte da¬ 
durch die Schlaftrunkenen noch überdies in solche Angst, daß sie besinnungs¬ 
los und wie gelähmt weder rasch zu den Waffen griffen, noch sich ent¬ 
gegenstellten, noch nachsetzen konnten. Unter dem Gewirre und Getümmel 
der Samniter schritt die Römerschaar, die Wachtposten ans ihrem Wege nie¬ 
derstoßend, dem Lager des Konsuls zu. Die Nacht war noch lange nicht 
vorüber, als sie schon in Sicherheit sich sahen. Da sprach Decius: „Heil 
euerm Heldenmuthe, Krieger Roms! Euern Zug und Rückzug werden alle 
Jahrhunderte preisen. Aber daß man solchen Heldenmuth anschauen könne, 
dazu ist Licht und Tag von Nöthen. Auch habt ihr es nicht verdient, daß 
Schweigen und Nacht eure so ruhmvolle Rückkehr in das Lager verhülle. 
Hier wollen wir ruhig den Tag erwarten." 
Bald darauf endigte die große Schlacht bei Suesula an dem Ein¬ 
gang der caudinischen Pässe, in welcher Valerius einen entscheidenden 
Sieg über die samnitischen Schaaren erfocht, auf einige Zeit die Feind¬ 
seligkeiten. Die alten Historiker erzählen von der Masse der Waffen und 
Beutestücke, welche den Römern auf dem Schlachtfeld in die Hände fielen; 
170 Fahnen, 40,000 Schilde der todten und flüchtigen Samniter. Ein 
billiger Friede und Bündniß mit den Römern beschloß diesen, den ersten 
Samniterkrieg 340 v. Ehr. und Rom mochte wohl seine Ursachen haben, 
mäßig mit den gedemüthigten Feinden zu verfahren, da bereits ein neuer 
Gegner in dem schon oft besiegten Volke der Latiner in die Schranken trat. 
Nicht zufrieden mit der Lage und den Rechten, welche den römischen 
Bundesgemeinden verliehen waren, verlangten die Latiner Gleichberech¬ 
tigung mit den römischen Vollbürgern, Theilnahme an dem Senat und 
Konsulat und Verschmelzung der beiden Staaten in ein Gemeinwesen. 
Auch die Capuaner, welche der römischen Herrschaft bald müde waren, 
schlugen sich aus die Seite der Feinde Roms; dagegen hielten die samni¬ 
tischen Völkerschaften diesmal Frieden und Freundschaft, indem sie den 
Römerheeren freien Durchzug und sichern Rückhalt gewährten. 
Die römische Bürgertugend und Vaterlandsliebe feierte in diesen Zei¬ 
ten ihre fast unmenschlichen Triumphe in vollstem Glanze. Als die Heere 
der Latiner und Römer am Vesuv einander gegenüber lagerten, verbot der 
römische Konsul Manlius Torquatus bei Todesstrafe jedes Einzel¬ 
gefecht. Sein eigener Sohn, welcher, durch die Spottreden eines feind¬ 
lichen Anführers gereizt, diesem Befehl zuwider handelte, mußte nach 
der Strenge des Kriegsgerichtes durch die Hand der Lictoren den Tod er¬ 
leiden.*) In der Schlacht selbst ließ sich Decius, der einst die Römer 
*) Erzählung des Livius: „Hingerissen wird des Jünglings kühne Seele, sei es 
von Zorn, oder von der Scham den Kampf auszuschlagen, oder von der unwider¬ 
stehlichen Gewalt des Verhängnisses; er vergißt den Befehl des Vaters, das Verbot 
der Konsuln, und stürzt jählings in einen Kampf, in welchem es für ihn wenig Un¬ 
terschied machen sollte, ob er siege oder unterliege. Nachdem die übrigen Reiter, wie
	        
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