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die nothleidenden Sklaven heimlich mit Speise und Trank. Unter den
Sklaven erhob sich ein gewisser Eunus ans Syrien, gab sich für einen
von den Göttern berufenen Propheten aus und forderte die Sklaven des
Damophilus auf, sich unter seiner Anführung die Freiheit zu erkämpfen.
Ein förmliches Gericht sollte über den unmenschlichen Damophilus
gehalten werden, so hatte es Eunus beschlossen; allein zwei Sklaven,
die vorzüglich grausam behandelt worden waren, so lautet die Erzählung,
stürzten über ihn her und schlugen ihn mit ihren Schaufeln zu Boden.
Das Schicksal der Megalis war fürchterlicher, denn sie wurde ihren
Sklavinnen überlassen, welche die Tyrannin alle Mißhandlungen empfin¬
den ließen, die sie an ihnen ausgeübt hatte; nachdem sie ganz zer¬
schlagen und verunstaltet war, wurde sie auf einen Felsen geschleppt
und in die Tiefe hinabgestürzt. Mitten unter diesen Ausbrüchen un¬
menschlicher Wuth blieb die Tochter des Damophilus verschont, ja die
Sklaven nahten der vor Angst Zitternden, sprachen ihr Trost zu, gaben ihr
mit liebkosenden Worten die Versicherung, daß ihr nicht das Mindeste wider¬
fahren sollte, und sandten sie, um ihr den allgemeinen Dank zu erkennen
zu geben, unter sicherem Geleite nach Catana zu ihren Anverwandten.
Von Enna aus verbreitete sich der Aufruhr nach allen drei Spitzen
der Insel. Eunus wurde zum Könige ausgerufen und durchstrich das
Land, öffnete die Kerker der Sklaven, ermordete deren Herren und brachte
ein Heer von 70,000 Menschen zusammen. In drei Feldzügen konnten
die Römer diesen Aufstand nicht dämpfen, erst im vierten gelang es dem
Konsul P. Rupilins, zu siegen und den Eunus gefangen zu nehmen.
Die meisten Sklaven fielen in der Schlacht, die wenigen, deren man
lebendig habhaft wurde, nagelte man an's Kreuz, Eunus aber sollte nach
Rom geführt und dem Volke im Triumphe gezeigt werden. Allein Ru-
pilius entsagte dieser Ehre, weil er es für schimpflich hielt, über Sklaven
zu triumphiren, und Eunus starb im Kerker.
4. Bildung der Römer.
1. Römisches Leben. Einfluß griechischer Bildung.
Wenn man die Schicksale des römischen Staates, von seinem ersten
unscheinbaren Beginnen an, in stetem Wachsthume bis zum höchsten Gipfel
bewundernd verfolgt, so drängt sich die natürliche Frage auf, welches die
inneren Ursachen eines so beispiellosen Steigens sind, wie es die Geschichte
Roms uns vorführt. Aeußeres Glück mit seinen Zufälligkeiten und Ver¬
hältnissen vermochte das nicht; der Grund liegt in der innersten Eigen-
thümlichkeit des Volkscharakters selbst. So lange die Römer, den aus