Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

326 Dritter Zeitraum des Mittelalters: 1096—1273. 
den Griechen zu entgehen. Ludwig selbst kam indessen mit seinen Edlen 
glücklich nach Antiochia und eilte von dort nach Jerusalem, wo einige 
Tage vorher auch Konrad von Constantinopel her angekommen war. 
Andächtig besuchten beide Könige die heiligen Orte und beriefen dann 
alle Fürsten und Edlen nach Acco, um zu beschließen, was weiter ge¬ 
schehen sollte. Die Zahl der Kreuzfahrer hatte sich inzwischen durch 
Neuangekommene wieder vermehrt, und man beschloß, das wichtige Da- 
mascus anzugreifen. Konrad und seine Deutschen bewiesen im Kampfe 
den größten Heldenmuth, er selbst schlug einem Türken mit einem ge¬ 
waltigen Hiebe den Kopf und die linke Schulter ab, so daß die Feinde 
erschreckt in die Stadt zurückflohen. Schon sannen die Belagerten auf 
Mittel zur Flucht; aber dennoch mißlang die Belagerung durch den 
Vcrrath der orientalischen Christen eben so wie der daraus unternom¬ 
mene Angriff auf Askalon. Erbittert über solche Treulosigkeit, beschlossen 
Konrad und Ludwig, nach Europa umzukehren. Konrad schiffte sich 
bereits im September 1148 von Acco nach Griechenland ein, wo er 
sich seiner Gesundheit wegen noch einige Zeit bei dem Kaiser Manuel 
aufhielt, mit dem er ein Bündniß schloß. Dann begab er sich nach 
Deutschland; viele Deutsche aber litten auf der Rückreise Schiffbruch. 
Einige Zeit nach Konrad verließ auch Ludwig Palästina und kehrte nach 
Frankreich zurück. 
So war also der ganze Krenzzug, den zwei so mächtige Fürsten 
mit so bedeutenden Heeren unternommen hatten, völlig gescheitert. Der 
Eifer für Unternehmungen gegen das Morgenland war dadurch voll¬ 
ständig erkaltet, und allgemein wurde der Unwille gegen den heiligen 
Bernhard laut, der durch seine zuversichtlichen Verheißungen eines sieg¬ 
reichen Ausganges so viel zu dem Unternehmen beigetragen hatte. Man 
nannte ihn offen einen falschen Propheten, der durch trügerische Wunder 
die Christen ins Verderben gelockt habe. So groß auch sein Schmerz 
über das Mißlingen des Zuges war, ließ er sich dadurch doch in sei¬ 
nem Glauben nicht irre machen. In einer Schrift an den Papst berief 
er sich auf die Unbegreiflichkeit der göttlichen Fügungen. Auch Moses, 
obgleich sein Werk sicher Gottes Werk war, habe doch die Juden nicht 
in das Land der Verheißung führen können. Wenn nun die Juden 
wegen ihrer Gottlosigkeit umgekommen wären, sei es nicht zu verwun¬ 
dern, daß es den Kreuzfahrern, die nicht besser wären, als jene, eben 
so erging; und allerdings steht es nach den Berichten solcher, die am 
Zuge Theil uahmen, fest, daß Mangel an Vorsicht, Uebermuth und 
Zügellosigkeit der Kreuzfahrer an dem unglücklichen Ausgange des Un¬ 
ternehmens nicht geringere Schuld trugen, als der Verrath der Grie¬ 
chen und morgenländischen Christen.
	        
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