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fat Amphea's nicht entmuthigen zu lassen und übte seine Schaaren sorgfältig
in den Waffen. Die Lacedämonier durchstreiften nun Messenien, verwüsteten
aber das Land nicht, da sie es schon als das ihrige ansahen, fällten weder
Bäume, noch rissen sie Wohnungen nieder; nur das Vieh, das ihnen in die
Hände fiel, trieben sie mit sort', auch Getreide und andere Früchte nahmen
sie, wogegen ihre Versuche, die Städte des Landes zu erobern, mislangen.
Aber auch die Messenier raubten und plünderten an den Seeküsten Lakoniens
und in den Feldern umher. Erst im fünften Jahre, nachdem der Messenische
König die Seinen zum entscheidenden Kampfe vorbereitet hatte, kam es zu
einer mörderischen Schlacht; der Verlust war auf beiden Seiten gleich groß
und beide Theile fühlten sich sehr geschwächt. Aber den Messeniern fehlte es
an Mitteln zur Fortsetzung des Krieges, dazu kamen böse Seuchen und andere
Unglücksfälle und die verheerenden Streifzüge der Feinde dauerten fort. Die
Messenier vernlieden daher offene Feldschlachten und zogen sich in die feste
Bergstadt Jthome zurück. Von hier aus befragten sie das Delphische Orakel,
was zur Rettung Messeniens zu thun sei, und erhielten den Spruch:
„Aus dem Geschlechte des Aegyptus fordert das Loos eine Jungfrau:
Gieb sie des Nuterreichs Göttern, und retten magst du Jthome."
Das Loos traf die Tochter des Lyciskus, aber der Seher Epebelus verbot
sie zu opfern, da die Jungfrau nicht die Tochter des Lyciskus sei. Da bot
Aristodemus, der auch aus dem Geschlechte des Aegyptus stammte und durch
Kriegsthaten ansgezeichnet war, seine Tochter freiwillig zum Opfer dar. Aber
ein Messenier liebte die Tochter des Aristodemus, erhob Widerspruch gegen
ihn und reizte durch seine Einwendungen den Vater so sehr, daß dieser in
Wuth gerieth und im Zorn seine Tochter ermordete. Epebelus verlangte nun,
daß ein Anderer seine Tochter dazu hergebe, denn des Aristodemus Tochter
helfe ihnen nichts, da sie vom Vater ermordet, nicht aber den Göttern geopfert
sei.. Nur mit Mühe bewirkte der König die Erklärung des Volkes, daß es keines
weiteren Opfers bedürfe. Aus Furcht vor der Wirkung des Orakels wagten
die Lacedamonier fünf Jahre lang keinen Angriff; erst im sechsten erschienen
sie in der Ebene vor Jthome, wo es zu einem Treffen kam, in dem der König
der Messenier tödlich verwundet wurde, so daß er bald darauf starb. An seiner
Stelle ward Aristodemus zum König erwählt. In den ersten fünf Jahren feiner
Regierung fielen nur kleinere Gefechte vor, bis im sechsten Jahre beide Heere
mit ihren Bundesgenossen einander ein entscheidendes Treffen lieferten, in
welchem die Lacedämonier eine schwere Niederlage erlitten. Dennoch hatten
die Messenier von ihrem Siege wenig Vortheil, denn zweideutige Orakel¬
sprüche, deren Sinn man nicht erkannte, beunruhigten und entmuthigien sie.
Im zwanzigsten Jahre des Krieges befragten sie von neuem das Deltchische
Orakel, das ihnen folgenden Spruch ertheilte:
„Wer Dreifüße zuerst an des Zeus Altar in Jthome
Stellet im Kreis' umher, an der Zahl zehen mal zehen,
Dem giebt Gott mit dem Ruhme des Kriegs die Messenischen Fluren."
2.
Diese Antwort des Orakels erfuhren die Lacedämonier; ein gemalter
Bürger verfertigte hundert Dreifüße aus Thonerde und zog als Weidmann
verkleidet nach Messenien, wo er sich unter die Landleute mischte und mit ihnen