Full text: Erdkunde von Deutschland und seinen Nachbarländern

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5snt merkwürdigsten ist der große nordholländische Kanal. 
Außerdem wird der Verkehr durch Eisenbahnen und auch durch 
Dampfschiffe gefördert. Es fehlt nicht an Morästen und san¬ 
digen Haiden; in der Mitte des Landes, an den Flüssen und 
am Meere findet sich fruchtbarer Marschboden. Die Luft ist 
feucht und neblig , so daß alle metallnen Sachen leicht rosten 
und die oft bespöttelte, in der That bisweilen auch übertrie¬ 
bene Reinlichkeitssucht der Holländer seinen guten Grund hat. 
Die reinlichen Häuser, die mit Schiffen wimmelnden Kanäle, 
die Baumreihen an den Ufern, die zahllosen Holzbrücken mit 
dem Aufzugsgebälke darüber, die Windmühlen, die Glocken¬ 
spiele, die gezirkelten Gärtchen gewähren anfangs wohl ei¬ 
niges Vergnügen, für die Länge der Zeit aber wird Alles 
eintönig, einförmig, und die Sumpfluft behagt dem Frem¬ 
den nicht. 
Die Hauptgewässer des Landes find Rhein, Maas 
und Schelde, welche sich bei ihren Ausflüssen in viele Arme 
theilen und verschiedene Namen führen. Die Meeresfluthen 
haben oft trotz Dünen und Dämmen große Strecken Landes 
verschlungen und Meerbr^en gebildet. So bildeten zu Ende 
des 13ten Jahrh. (1277) in Ostfriesland die Meeresfluthen 
den Dollart und die Seuder-See (Zuyder-See), und im 
Jahre 1421 verschlangen sie nicht weit von der Mündung des 
Rheines an 72 Dörfer mit etwa 100,000 Menschen, und gaben 
dem Biesbosch sein Entstehen. Der südwestlichste Winkel 
der Scuder-See heißt der Pampus, welcher sich bei Am¬ 
sterdam an „het B" (das Ei) anschließt, was mit dem 
„Haarlemer Meere" verbindet. 
Der Holländer, dessen Sprache ein Dialekt des Nieder¬ 
deutschen ist, hat alle Vorzüge und Schattenseiten eines Kauf¬ 
mannsvolkes. Den Grundzug im Wesen des Holländers macht 
sein Phlegma und seine Reinlichkeit aus, was fast sprichwört¬ 
lich geworden ist. Er haßt das Geräusch, große körperliche 
Anstrengung, äußerlichen Glanz und übt eine oft peinliche 
Reinlichkeit. Bei seiner Liebe zur Ruhe fehlt cs ihm doch 
nicht an rühriger Arbeitsamkeit und an heldenmüthigen Kraft- 
anstrengungen. Sieht ein Fremder diese Menschen, ihre Art 
und Leben, ihre Flüsse, Kanäle, Gräben, Schleußen, Deiche, 
ihre mächtigen Häfen, Werste, Landstraßen, Städte, Festen, 
Schlösser und Thürme, die Tüchtigkeit, Kühnheit, Zweckmä¬ 
ßigkeit, Nettigkeit, Sauberheit in Allem, so steht er still, 
staunt und wundert sich. Schaut er tiefer Grund und Ursache, 
durchblättert er die Geschichte dieser Menschen, so steht er 
still, lobt und bewundert. Denn dieses reiche Land, diese 
prächtigen Städte, diese blanken, freundlichen, städtegleichen 
Dörfer hat der denkende und arbeitsame Holländer aus dem
	        
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