Full text: Besonderer Theil (2)

Die deutschen Bundesstaaten. Die Verfassung. 
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7. Alle Mitglieder des Bundes versprechen, sowohl ganz Deutsch¬ 
land, als jeden einzelnen Bundesstaat gegen jeden Angriff in Schutz zu neh¬ 
men, und garantiren sich gegenseitig ihre sämmtlichen unter dem Bunde 
begriffenen Besitzungen. Bei einmal erklärtem Bundeskriege darf kein Mit¬ 
glied einseitige Unterhandlungen mit dem Feinde eingehen, noch einseitig 
Waffenstillstand oder Frieden schließen. Die Bundesglieder behalten zwar das 
Recht der Bündnisse aller Art, verpflichten sich jedoch, in keine Verbindungen 
einzugehen, welche gegen die Sicherheit des Bundes oder einzelner Bundes¬ 
staaten gerichtet wären. Die Bundesglieder machen sich ebenfalls verbindlich, 
einander unter keinerlei Vorwand zu bekriegen, noch ihre Streitigkeiten mit 
Gewalt zu verfolgen, sondern ihre Streitigkeiten vermittelst eines Ausschusses, 
und, dafern diese Vermittlung nicht ausreiche, durch ein Austrägalgericht ent¬ 
scheiden zu lassen. 
8. Die Verschiedenheit der christlichen R e l ig i o n s p a r't h e i e n kann 
in den Ländern und Gebieten des deutschen Bundes keinen Unterschied in dem 
Genusse der bürgerlichen und politischen Rechte begründen. Auch die bürger¬ 
liche Verbesserung der Juden soll auf eine möglichst übereinstimmende Weise 
bewirkt werden. 
9. In allen Bundesstaaten soll eine landständische Verfassung 
Statt finden. Die im Bunde vereinten souveränen Fürsten dürfen aber durch 
keine landständische Verfassung in der Erfüllung ihrer bundesmäßigen Ver¬ 
pflichtungen gehindert oder beschränkt werden. 
10. Diejenigen Bundesglieder, deren Besitzungen nicht eine Volkszahl 
von 300,000 Seelen erreichen, sollen sich mit den ihnen verwandten Häu¬ 
sern oder andern Bundesgliedern, mit welchen sie wenigstens eine solche Volks¬ 
zahl ausmachen, zur Bildung eines gemeinschaftlichen obersten Ge¬ 
richts vereinigen. In den Staaten von solcher Volksmenge, wo schon jetzt 
dergleichen Gerichte dritter Instanz vorhanden sind, werden jedoch diese in 
ihrer bisherigen Eigenschaft erhalten, wofern nur die Volkszahl, über welche 
sie sich erstrecken, nicht unter 150,000 Seelen ist. Den 4 freien Städten 
steht das Recht zu, sich unter einander über die Errichtung eines gemeinsa¬ 
men obersten Gerichtes zu vereinigen. Bei den solchergestalt errichteten ge¬ 
meinschaftlichen obersten Gerichten soll jeder der Partheien gestattet sein, auf 
die Verschickung der Akten an eine deutsche Fakultät oder an einen Schöp¬ 
penstuhl zur Abfassung des Endurtheils anzutragen.^) 
11. Da die Oberappellationsgerichte bei politischen Zerwürfnissen unter 
den einzelnen Bundesgliedern, so wie bei den Rechtsstreitigkeiten zwischen den 
Fürsten und ihren Unterthanen, füglich nur da als passende Rechtsinstanzen an¬ 
gesehen werden können, wo sich die Fürsten ihren Aussprüchen freiwillig un¬ 
terwerfen wollen; da ferner das Ruhen des Schwertes durch das Walten des 
Gesetzes, nothwendig bedingt wird; so sind für diese Fälle folgende Rechts¬ 
institute gegründet worden: 1. Durch den Bundesbeschluß vom 16. Juni 1817 
3) t- Eigene Appellationsgerichte haben: Oesterreich, Preußen, Bayern, 
Sachsen, Württemberg, Hannover, Baden, Kurhessen, Hessen-Darmstadt, Nassau, Hol¬ 
stein, Oldenburg und Luxemburg. Hessen-Homburg gehört zu dem Appellationsge- 
richte von Darmstadt, Liechtenstein zum obersten Gerichtshof in Innsbruck. 
2. Gemeinschaftliche Appellationsgerichte: Jena, für die gro߬ 
herzoglich und herzoglich sächsischen Staaten, für die anhaltischen Herzogthümer, die 
schwarzburgischen und die reußischen Fürstenthümer. Wolfenbüttel für Braunschweig, 
die beiden Lippe und Waldeck. Parchtm für beide Mecklenburg. Lübeck für die 
freien Städte. » >
	        
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