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Amerika.
Das Klima Amerikas ist bei der großen Ausdehnung des Eonti-
nents, indem es durch vier Zonen, nämlich die nördliche kalte, die
nördliche gemäßigte, die heiße und die südliche gemäßigte sich ausbreitet,
außerordentlich verschieden und durchläuft von Stufe zu Stufe alle
Grade von der erstarrendsten Kalte unter den Polen bis zu der bren¬
nendsten Hitze unter den senkrechten Strahlen der Sonne; aber im
Ganzen ist dieser Erdtheil kälter als andere Gegenden der Erde unter
gleichen Breitengraden. Die ganze Gestaltung Amerikas, die Verthei-
lung seiner ungeheuren Bergketten, so wie die Lage seiner hohen Pla¬
teaus und seiner unermeßlichen Ebenen haben einen merkwürdigen
Einfluß auf die Temperatur dieses Erdtheils und bieten an mehreren
Punkten die größten Gegensätze zwei ganz verschiedener Klimate dar,
welche gleichwohl dicht an einander gränzen. Peru, das Plateau von
Quito und das von Mexiko, obschon zwischen den Tropen gelegen,
verdanken ihrer großen Mcereshöhe eine Frühlingstemperatur. Die
Abhänge der Gebirge bedecken sich zwar mit Schnee, welcher auf meh¬
reren Berggipfeln selbst das ganze Jahr hindurch liegen bleibt; aber in
geringer Entfernung davon schmachtet der Bewohner von Vera Cruz
oder Guayaquil unter dem Drucke einer oft ungesunden heißen Luft.
Aber auch hier am Meere ist, wie überhaupt in ganz Amerika die
Temperatur geringer, als unter gleichen Breiten der andern Erdtbeile.
Die mäßige Breite des Festlandes, seine große Längenerstreckung
gegen die Pole; der Ozean, dessen zusammenhängende'Oberfläche stets
durch die Passatwinde erfrischt wird; die Strömungen kalten Wassers
von der Magellanschen Meerenge bis Peru, zahlreiche mit Quellen
erfüllte Bergkettten, deren mit Schnee bedeckte Gipfel weit über die
Wolkenregion hinausragen, die große Menge ungeheurer Flüsse, die
nach mancherlei Krümmungen stets die entlegensten Küsten zu ihrer
Ausmündung suchen; Wüsten, die im Allgemeinen nicht unter die
sandigen gehören und folglich weniger für die Aufnahme und Zurück¬
haltung der Wärme geeignet sind; undurchdringliche Wälder, welche
die von Flüssen durchschnittenen Ebenen des Äquators bedecken und
welche in den vom Ozean und den den Gebirgen am weitesten ent¬
fernten Ländern ungeheure Quantitäten von Wasser erzeugen, welches
sie theils aus der Atmosphäre an sich ziehen oder das sich durch den
Vorgang der Vegetation bildet; alle diese Ursachen bewirken in den tie¬
fern Gegenden von Amerika ein Klima, welches sowohl durch seine
Kühle und Frische als Feuchtigkeit auffallend von dem in Afrika ab¬
sticht. Ihnen allein ist jener kräftige, wuchernde, saftreiche Pflanzen¬
wuchs, jenes dichte Laubwerk zuzuschreiben, wodurch Amerika sich so
sehr auszeichnet.
Indem diese Ursachen vorzüglich in Bezug auf Südamerika und
auf den Theil von Nordamerika, wo Mexiko liegt, Gültigkeit haben,
bemerken wir noch in Ansehung Nordamerikas, daß es nur einem klei¬
nern Theile nach in der heißen Zone liegt, dagegen aber sehr weit in