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Inner-Asien. Selbst aus China und Indien kommen Kaufleute hieher. — In diesen 
östlichen Strichen leben schon viele Tataren und tatarische und mongolische Stämme, 
wie die Baschkiren, die Kirgisen, die Kalmücken u. a. 
In Klein-Rußland, dessen Bewohner, die Kleinrussen, sich in manchen 
Stücken und meist zu ihrem Vortheil von den Großrussen unterscheiden, liegt die 
Hauptstadt und ehemalige Residenz des Großfürsten Kiew, noch jetzt an 50,000 E 
Seit 1833 hier Universität; eine ältere ist in Charkow. Hier zuerst in der vom Dnjepr 
durchflossenen Ukraine treffen wir auf Kosaken. Sie sind der Abstammung nach 
Russen, und wahrscheinlich solche, die im Mittelalter vor den fremden Eroberern ihr 
freies Leben in unbewohnten Strichen zu wahren suchten; daher der Name, welcher 
entweder berittene Krieger oder umherschweifende Leute bedeutet. Bei der Ausbrei¬ 
tung des russischen Reiches traten die Kosaken mit den Russen in ein unabhängiges 
Schutzverhältniß; aber das Sprüchwort: ,,So frei wie ein Kosak" behielt im We¬ 
sentlichen seine Geltung. Jetzt hat Rußland unter seiner Armee 38 Regimenter 
Kosaken, die als leichte Reiterei zur Beunruhigung und Verfolgung des Feindes 
äußerst brauchbar sind. Außerdem ist der ganze Süden und Südosten des Reiches 
von verschiedenen Kosakenhorden als Grenzhütern bewacht. Die kleinrussischen Ko¬ 
saken hatten sonst ihren eigenen Hetmann, sind aber, weil sie in den Türkenkriegen 
sich öfter nicht treu bewiesen haben, von den Russen gedemüthigt und zum Theil 
verpflanzt. 
Süd-Rußland besteht ganz aus früher türkischen Landestheilen und enthält 
auch über 100,000 deutsche Colonisten, die in Dörfern beisammen leben und meist 
evangelisch sind. Am untern Don wohnen die edelsten, die konischen Kosaken mit 
einem Hetmann, der in Nowo-Tscherkask seinen Sitz hat. Volkstümliche Tänze 
und Lieder mit oft wunderbar ergreifenoen. meist wehmüthigen Melodien („schöne 
Minka, ich muß scheiden"). — Die Halbinsel Krim besteht im N. aus einer Steppe, 
die der ganzen Halbinsel einnimmt, im S. ist sie von einem isolirten Kalkgebirge 
gefüllt; darin der Tschatir-Dagh fast 5000'. Der vor den Nord- und Steppenstür¬ 
men geschützte Südrand hat südliches Klima und südliche Producte. Bis 1774 herrsch¬ 
ten hier tartarische Chane, welche den türkischen Sultan als Oberherrn anerkannten; 
dann wurden sie von Rußland abhängig. 1793 wurde die Krim völlig russisches 
Gouvernement. Am Nordabhange des Gebirges liegt Simferopol, die jetzige 
Hauptstadt. An der Westküste Sebastopol an einer Bucht, die eine ganze Flotte 
aufnehmen kann. Früher befestigter Kriegshafen. Belagerung von 1854 und 1855. 
— Wohl nirgends findet man eine so große Menge verschiedener Völker und Spra¬ 
chen auf so kleinem Raume zusammengedrängt, wie im Kaukasus. Fast alle 
zeichnen sich durch regelmäßige und schone Körperbildung aus. Raub, Jagd und 
Krieg ist ihre Lust; ihre Religion nur eine schwache Erinnerung an das einst auch 
hier gepredigte Christenthum oder der Islam. Unter den verschiedenen Stämmen 
nennen wir die Tscherkessen am Nordabhange und den beiden Vorstufen der gro¬ 
ßen und kleinen Kabardah — die Osseten auch auf der Höhe des Gebirges, die 
Lesghier, — am Südabhange die Georgier oder Grüsier u. a. m. Nur 
durch viele angelegte Festungen, zahlreiche Wachtposten, eine starke hier stationirte 
Kriegsmacht und durch immerwährende Gefechte können sich die Russen im wirklichen 
Besitz dieser Gegenden behaupten, welche eine wunde Stelle des großen Reiches 
bilden. Schon öfter haben ihnen diese ewig unruhigen Völker, Meister im GebirgS- 
kampf, beträchtlichen Schaden zugefügt. Der bedeutendste Ort ist Tiflis, d. h. 
Warmstadt, wegen der warmen Bäder, 50,000 E., am Kur. Auch hier in der Nähe 
deutsche Colonistendörfer. Auf einer in den Kaspisee vorspringenden Halbinsel liegt 
die Handelsstadt Baku. Die ganze Umgegend ruht über unterirdischem Feuer; 
darum die Menge brennender oder brennbarer Dünste, die aus den Erdspalten 
quellen, und die-Fülle an Naphtha. Hier, wo die Natur ihnen selbst einen Tempel 
gebaut zu haben schien, halten sich noch immer Feueranbeter oder Guebern auf, 
welche die heiligen Flammen verehren. 
52. Die Dstsreprovinzeil. 
Der Himmel ist hier sparsam gewesen mit Vertheilung seiner Gaben, denn im 
Ganzen platt und eben liegt das Bild der Landschaft am Boden; der Pflanzenwuchs 
ist nicht mannichfaltig, selbst die Menschen sind in Wohnung und Kleidung weniger 
schmuckreich. Ja sagar Jupitur. der im hohen Wolkensitze Donnernde, ist hier flau 
und leidenschaftslos. Auf mattrollendem Gewitterwagen fährt er einher, und nur 
in Nebeln und nie endenden Regen steigt er zur Erde herab.
	        
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